(1) Mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen ein. Dies gilt auch im Verhältnis zu Planbetroffenen, die gegen den Plan gestimmt haben oder die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, obgleich sie ordnungsgemäß an dem Abstimmungsverfahren beteiligt worden sind.
(2) Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, wirkt eine Befreiung des Schuldners von Verbindlichkeiten auch zugunsten seiner persönlich haftenden Gesellschafter, sofern im Restrukturierungsplan nichts anderes bestimmt ist.
(3) Die Rechte der Restrukturierungsgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners sowie die Rechte der Gläubiger an Gegenständen, die nicht zum Vermögen des Schuldners gehören, oder aus einer Vormerkung, die sich auf solche Gegenstände bezieht, werden mit Ausnahme der nach § 2 Absatz 4 gestalteten Rechte aus gruppeninternen Drittsicherheiten von dem Restrukturierungsplan nicht berührt. Der Schuldner wird jedoch durch den Plan gegenüber dem Mitschuldner, Bürgen oder sonstigen Rückgriffsberechtigten befreit wie gegenüber dem Gläubiger.
(4) Ist ein Gläubiger weitergehend befriedigt worden, als er es nach dem Restrukturierungsplan zu beanspruchen hat, so begründet dies keine Pflicht zur Rückgewähr des Erlangten.
(5) Werden Restrukturierungsforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an dem Schuldner umgewandelt, kann der Schuldner nach der gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen im Plan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen.
(6) Mit der rechtskräftigen Bestätigung des Restrukturierungsplans gelten Mängel im Verfahren der Planabstimmung sowie Willensmängel von Planangebot und Planannahme als geheilt.
Übersicht
Nach dem Willen des Gesetzgebers schließen die neu geschaffenen Vorschriften über den Restrukturierungsrahmen die Lücke zwischen einem freien und konsensgebundenen Sanierungsvorhaben und dem streng verfahrensgebundenen und auch einschneidenden Sanierungsmöglichkeiten innerhalb des Insolvenzplanverfahrens (BR-Drs. 619/20, S. 94). Die Planbestätigung und deren in den Vorschriften der §§ 67 ff. konkretisierten Rechtsfolgen und Wirkungen sind dabei wesentliche Elemente aus dem modularen Verfahrensrahmen, welche dem sanierungswilligen Schuldner zur Verfügung stehen. Die hier festgeschriebene verbindliche Wirkung des gerichtlich bestätigten Restrukturierungsplanes erfolgt auch in Umsetzung der Vorgabe aus Artikel 8 ff der EU-Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmens vom 20.06.2019, wonach ein von Gläubigern mehrheitlich angenommener Restrukturierungsplan mit seiner gerichtlichen Bestätigung Wirkungen auch gegenüber den Gläubigern entfalten soll, die dem Plan nicht zugestimmt haben (RL EU 2019/1023 Art. 8 ff). Der Gesetzgeber orientiert sich dabei insbesondere bei den Regelungen zum Restrukturierungsplan in Bezug auf die Einteilung der Gruppen und die Planbestätigung an den insolvenzplanrechtlichen Vorbildern (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 100). Insoweit wird sich bei Anwendung und Auslegung der neuen Regelungen vielfach an den bereits zu den entsprechenden Vorschriften der Insolvenzordnung vorhandenen Auslegungen der Rechtsprechung und Kommentarliteratur orientiert werden können.
Die Vorschriften über die Wirkung und die Rechtsfolgen des Restrukturierungsplanes zielen entsprechend der Vorschriften der Insolvenzordnung über die Wirkungen des Insolvenzplanes gemäß §§ 254, 254a InsO darauf ab, mit der Bestätigung des Planes die vielfältigen und komplexen Regelungen des Restrukturierungsplanes zwischen den Beteiligten als eine Art rechtsgeschäftlichen Gesamtakt zusammenzufassen und insgesamt einheitlich zu verwirklichen (Uhlenbruck/Lüer/Streit, InsO § 254, Rn. 1). Das bedeutet, dass alle Willenserklärungen zu Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften aus dem gestaltenden Teil des Restrukturierungsplanes mit Bestätigung des Planes als einheitlicher Akte wirksam werden, sogar wenn diese unterschiedlichen Formvorschriften unterfallen.
Der Eintritt für die Wirksamkeit des Restrukturierungsplanes knüpft zeitlich an die Planbestätigung an. Anders als in der Insolvenzordnung (§ 254 InsO), in der die Wirkung des Planes erst mit Rechtskraft eintritt, entfaltet der Restrukturierungsplan seine materiellrechtliche Wirkung bereits mit der Verkündung des Planbestätigungsbeschlusses durch das Restrukturierungsgericht. Der Gesetzgeber begründet diese Abweichung mit der Vorgabe aus Artikel 16 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen, der für das Rechtmittel gegen den Plan keine aufschiebende Wirkung vorsieht (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 190). Die Vollstreckbarkeit der sich aus dem Restrukturierungsplan ergebenen Rechte und Forderungen erfordert wiederum die Rechtskraft des gerichtlich bestätigten Planes (vgl. § 71 Abs.1).
Die in dem gestaltenden Teil des Restrukturierungsplanes enthaltenen Regelungen können sich auf die Begründung, Änderung, Übertragung oder Aufhebung von Rechten an Gegenständen, Forderungen oder auch Geschäftsanteilen beziehen. Der Regelungsbereich im Plan kann sich insoweit auf einen weit gefassten Umfang unterschiedlicher Rechtsgüter beziehen. Neben dinglichen Rechten an Sachen/Tieren können auch Verfügungen über Forderungen, über immaterielle Rechtsgüter oder sonstige Vermögensrechte umfasst sein (vgl. § 68).
Soweit der Restrukturierungsplan den Erlass von Restrukturierungsforderungen vorsieht, bleibt dem Restrukturierungsgläubiger die Erklärung der Aufrechnung mit dieser Forderung auch nach Bestätigung des Restrukturierungsplanes noch möglich, soweit die Aufrechnungslage schon vor der Planbestätigung bestand, die Forderungen sich also bereits vor der Planbestätigung in aufrechenbarer Weise gegenüber standen (aA BeckOK-StaRUG/Wilke, § 67 Rn.11.1). In der Zustimmung des aufrechnungsberechtigten Gläubigers zum Restrukturierungsplan ist kein Verzicht auf die Aufrechnung zu sehen. Entsprechendes wird für den Insolvenzplan und die Aufrechnung von Insolvenzplangläubigern übereinstimmend vertreten (BeckOK-InsO/Freund, § 254 Rn. 3; BGH NZI 2011, S. 538) und sollte auch für den Restrukturierungsgläubiger Anwendung finden, wenn die Aufrechnungslage in Anlehnung zu § 94 InsO zum Zeitpunkt der Planbestätigung bereits bestand. Das StaRUG enthält zwar keine dem § 94 InsO entsprechende Regelung, allerdings können die zur Anwendung des § 94 InsO durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Erhaltung der Aufrechnungslage aufgrund der Vergleichbarkeit der Wirkungen des Insolvenzplanes und des Restrukturierungsplanes auch hier angewendet werden.
Eine nach Planbestätigung entstehende Aufrechnungslage berechtigt den Gläubiger dagegen nicht zur Aufrechnung. Zwar enthält das StaRUG keine den Aufrechnungsverboten des Insolvenzverfahrens gem. §§ 95 InsO vergleichbaren Regelungen, jedoch würde die Erhaltung des Rechtes zur Aufrechnung auch für nach Planbestätigung entstehende Aufrechnungslagen die Sanierung erheblich erschweren. Restrukturierungsgläubiger würden im Rahmen von wechselseitigem Leistungsaustausch im Zuge der Unternehmensfortführung nach Planbestätigung Aufrechnungslagen schaffen, welche durch Aufrechnung mit den Restrukturierungsforderungen die neuen Leistungen des Schuldners entwerten, bzw. die Restrukturierungsforderungen entgegen der gewollten Planwirkung nachträglich noch in voller Höhe realisieren. Einer Entstehung der Aufrechnungslage mit Restrukturierungsforderungen nach Planbestätigung dürfte aber auch an den Voraussetzungen zur Aufrechnung gem. § 387 BGB scheitern, der nur die Aufrechnung mit einer rechtlich erzwingbaren Forderung zulässt. Eine Aufrechnung mit unvollkommenen Verbindlichkeiten ist unzulässig (MüKo-BGB/Schlüter, § 387 Rn. 36). Der gemäß Restrukturierungsplan erlassene Teil der Restrukturierungsforderung ist materiell-rechtlich mit Planbestätigung zwar nicht erloschen, bleibt aber dauerhaft nicht mehr durchsetzbar und besteht nur als unvollkommene Verbindlichkeit fort (K. Schmidt/Spliedt, § 254 Rn. 12).
Die Regelungen des Restrukturierungsplanes müssen auch Planbetroffene gegen sich gelten lassen, die gegen den Plan gestimmt haben oder trotz ordnungsgemäßer Beteiligung am Abstimmungsverfahren an dieser nicht Teil genommen haben. Diese Klarstellung folgt dem in Artikel 8 der Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen (RL (EU) 2019/1023 Art. 8 ff) vorgegebenen Prinzip der Durchsetzbarkeit eines auch nicht konsensualen Restrukturierungsplanes mit Hilfe der gerichtlichen Bestätigung des Planes gegen eine opponierende Minderheit. Im Gegenzug wurde das Erfordernis der gerichtlichen Planbestätigung zur Durchsetzung des Restrukturierungsplanes eingeführt. Denn die gerichtliche Planbestätigung gewährleistet, dass auch die Rechte und Interessen der opponierenden Planbetroffenen gewahrt bleiben. Die gerichtliche Planbestätigung ist gemäß § 63 von Amts wegen zu versagen, wenn die mehrheitliche Planannahme nicht auf einem ordnungsgemäßen Abstimmungsergebnis beruht oder das mehrheitliche Abstimmungsergebnis gar mit unlauteren Mitteln herbeigeführt wurde. Ferner haben die Planbetroffene gemäß § 64 als Minderheitenschutz die Möglichkeit, die Versagung der Planbestätigung zu beantragen, wenn sie durch den Restrukturierungsplan schlechter gestellt werden als ohne die Regelung des Planes.
Anders als das Insolvenzverfahren mit einem ganzheitlichen Ansatz erstreckt sich das Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG nicht auf die gesamten Rechtsverhältnisse eines Schuldners, sondern nur auf die von dem jeweiligen Schuldner nach den Vorgaben des StaRUG ausgewählten Forderungen und Rechtsverhältnisse. Der Schuldner bestimmt nach den Beschränkungen und Vorgaben der §§ 2 ff. selbst, welche Rechtsverhältnisse mit dem Restrukturierungsplan neu gestaltet werden. Entsprechend entfalten die Regelungen des Restrukturierungsplans auch nur Wirkung gegen die Beteiligten, in deren Rechte im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans als Planbetroffene gemäß § 8 eingegriffen wird. Für die von den Regelungen des Restrukturierungsplan nicht betroffenen Gläubiger und sonstigen Beteiligten entfaltet der Plan keine Wirkung.
Voraussetzung für die Planwirkung gegen einen Gläubiger ist zusätzlich, dass der planbetroffene Gläubiger ordnungsgemäß an der Abstimmung beteiligt worden ist. Hier kommt es in erster Linie auf eine ordnungsgemäße Ladung gemäß § 45 im gerichtlichen Abstimmungsverfahren oder der Übermittlung eines den Anforderungen des § 17 entsprechenden Planangebotes im außergerichtlichen Abstimmungsverfahren an. Ein nicht ordnungsgemäß am Planverfahren beteiligter Gläubiger ist von der Planwirkung nicht erfasst und wird wie ein nicht vom Plan betroffener Dritter behandelt (BeckOK-StaRUG/Wilke, § 67 Rn. 25).
Soweit es sich bei dem Schuldner um eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien handelt, wirkt sich die Befreiung von Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft auch zu Gunsten der persönlich haftenden Gesellschafter aus. Diese in Absatz 2 der Vorschrift enthaltene Regelung entspricht mit nahezu wortgleicher Formulierung der Vorschrift des § 227 Abs. 2 InsO, so dass auf die entsprechenden Auslegungen und Interpretationen insolvenzrechtlicher Regelungen Bezug genommen werden kann. Der Gesetzgeber hat diese Regelung nach dem Vorbild der Insolvenzordnung mit aufgenommen, um einen im Restrukturierungsplan enthaltenen Forderungsverzicht im Falle einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit nicht zu entwerten. Würde die Durchgriffshaftung gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern auch nach Durchführung des Restrukturierungsplan noch weiter uneingeschränkt bestehen, könnte das gegebenenfalls bei den Gesellschaftern falsche Anreize zu Lasten der Gesellschaft setzen, die den Erfolg des Restrukturierungsverfahrens gefährden (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 190).
Bei den Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit handelt es sich um die offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG), die Partnergesellschaft, die Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR), die Partenreederei und die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Zusätzlich ist noch die Kommanditgesellschaft auf Aktien im Wortlaut erwähnt, da es sich zwar um eine Gesellschaftsform mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt, für die aber ein persönlich haftender Komplementär bestellt sein kann.
Die Regelung zur Wirkung des Haftungsverzichtes auch für die persönlich haftenden Gesellschafter hat lediglich klarstellende Funktion. Der Forderungsverzicht gegenüber der Gesellschaft hat aufgrund der Akzessorietät auch zwangsläufig den Wegfall der Durchgriffshaftung zur Folge (Nerlich/Römermann/Ober, § 227 Rn. 8). Die Wirkung des Verzichtes beschränkt sich ausschließlich auf die akzessorische Durchgriffshaftung der Gesellschafterforderung. Die Haftung der Gesellschafter aus anderen Rechtsgründen ist von dieser Regelung dagegen nicht umfasst, so dass eine persönliche Haftung des Gesellschafters aufgrund einer dinglichen Haftung oder einer Bürgschaft bestehen bleiben kann (Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 227 Rn. 18).
In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird es uneinheitlich beurteilt, ob der Forderungsverzicht auch zu Gunsten bereits ausgeschiedener Gesellschafter wirkt. Die Erlasswirkung für bereits ausgeschiedene Gesellschafter wird von Autoren mit der Begründung verneint, dass das gesetzgeberische Ziel der Unternehmenserhaltung in diesen Fällen nicht erreicht wird, da die Einflussnahme ausgeschiedener Gesellschafter auf die Unternehmensfortführung fehle (MüKo-Inso/Breuer, § 227 Rn. 13; HmbKommInsR/Thies, § 227 Rn. 8). Überzeugender ist die ebenfalls vertretene Auffassung, dass die Erlasswirkung auch den ausgeschiedenen Gesellschaftern zu Gute kommt. Allein der Wegfall der Gesellschafterstellung führt nicht zwangsläufig dazu, dass der ehemalige Gesellschafter keinen Einfluss mehr auf den Erhalt und die Fortführung der Gesellschaft hat. Es sind insbesondere bei mehreren mit einander verbundenen Unternehmen Konstellationen denkbar, in denen auch ein bereits ausgeschiedener Gesellschafter noch ein wirtschaftliches Interesse an der Erhaltung der Gesellschaft hat und entsprechend Einfluss auf die Fortführung nimmt. Insoweit kann auch mit dem Haftungsverzicht gegenüber ausgeschiedenen Gesellschaftern das gesetzgeberische Ziel der Unternehmensfortführung erreicht werden. Ferner spricht schon die Akzessorietät zwischen der Forderung gegen die Gesellschaft und der Haftungsforderung gegen den Gesellschafter, für eine Erlasswirkung auch gegenüber ausgeschiedenen Gesellschaftern (Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 227 Rn. 19; K. Schmidt/Spliedt, § 227 Rn. 5; Braun-InsO/Braun/Frank, § 227 Rn. 8).
Im Restrukturierungsplan kann von der Erlasswirkung gegenüber persönlich haftenden Gesellschaftern abgewichen werden. Aufgrund der Akzessorietät zwischen persönlicher Haftung des Gesellschafters und Gesellschaftsverbindlichkeiten ist für eine haftungsverschärfende Abweichung von der gesetzlichen Regelung im Plan die Zustimmung in der Gruppe der Gesellschafter erforderlich (MüKo-InsO/Breuer, § 227 Rn. 12).
Unter diese Regelung können Bürgschaften, Schuldbeitritte, Gesamtschuldverhältnisse sowie gegenüber dem Gläubiger abgegebener Garantien fallen. Ferner kommen auch dingliche Sicherheiten wie Sicherungsübereignungen, Sicherungsabtretungen oder Sicherungsrechte an Grundstücken sowie deren Vormerkung in Betracht. Die Befriedigungsmöglichkeit des Restrukturierungsgläubigers aus diesen Sicherungsrechten bleibt ungeachtet der Regelung im Restrukturierungsplan über die gesicherte Forderung in deren ursprünglicher Höhe erhalten (Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 254 Rn. 20).
Eine in der Regelung ausdrücklich genannte Ausnahme bilden die sogenannten gruppeninternen Drittsicherheiten, die auf der Grundlage des § 2 Abs. 4 mit in die Regelung des Restrukturierungsplanes aufgenommen wurden. Danach kann der Restrukturierungsplan auch Rechte von Restrukturierungsgläubigern gestalten, welche diese von mit dem Schuldner verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG als Bürger, Mitschuldner oder aufgrund einer anderweitig übernommenen Haftung erhalten hat. Der Restrukturierungsplan kann insoweit Regelungen enthalten, die den Zugriff der Restrukturierungsgläubiger auf diese Rechte und Ansprüche beschränkt.
Die Rechte der Restrukturierungsgläubiger gegenüber Dritten oder die Rechte an Vermögensgegenständen, welche nicht dem Vermögen des Schuldners zuzurechnen sind, bleiben bestehen, auch wenn auf die durch diese Rechte gesicherten Forderungen im Rahmen des Restrukturierungsplanes verzichtet wird. Die Bestimmung entspricht der Parallelregelung für Insolvenzpläne in § 254 Absatz 2 InsO in der Fassung, die diese durch Artikel 5 Nummer 34 des SanInsFoG erhält. Ein planbetroffener Gläubiger kann sich danach ungeachtet der im Verhältnis zwischen ihm und dem Schuldner wirkenden gestaltenden Einwirkungen des Restrukturierungsplans auf seine Forderung weiterhin in vollem Umfang aus Drittsicherheiten (mit Ausnahme im Plan gestalteter gruppeninterner Drittsicherheiten nach § 2 Abs. 4) befriedigen, während der Schuldner im Rahmen des Restrukturierungsplanes für den Rückgriffsanspruch nicht in voller Höhe haftet sondern nur beschränkt in Höhe der gemäß Restrukturierungsplan festgelegten Haftung gegenüber dem Plangläubiger (Quotenauszahlung). Der Fortbestand des Sicherungsrechtes in voller Höhe gilt auch für akzessorische Rechte, obwohl die akzessorisch mit dem Sicherungsrecht verbundene Forderung im Rahmen des Restrukturierungsplanes beschränkt wird (BeckOK StaRUG/Wilke § 67 Rn. 41).
Hat ein Restrukturierungsgläubiger bei Umsetzung des Restrukturierungsplanes eine höhere Befriedigung seiner Forderung erhalten, als ihm nach der Planregelung an sich zusteht, besteht keine Erstattungspflicht des zu viel Erlangten. Diese Regelung über die Rechtsfolgen einer über den Plan hinausgehende Befriedigung von Gläubiger entspricht der für den Insolvenzplan geltenden Vorschrift des § 254 Abs. 3 InsO und hat Ihre Grundlage in der dogmatischen Einordnung der Insolvenzforderungen im Insolvenzplan, welche in gleicher Form für die Restrukturierungsforderung im Restrukturierungsplan gilt (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 191). Der nach dem Restrukturierungsplan nicht gedeckte Forderungsanteil unterfällt zwar dem teilweisen Forderungserlass, erlischt aber materiell-rechtlich nicht, sondern besteht als nicht erzwingbare Verbindlichkeit (Naturalobligation) des Schuldners fort (MüKo-InsO/Huber/Madaus, § 254 Rn. 37). Insoweit bildet diese noch bestehende aber nicht mehr durchsetzbare Forderung des Gläubigers den Rechtgrund für die über den Plan hinausgehende Leistung des Schuldners und eine Rückgewährsanspruch nach dem Bereicherungsrecht gem. §§ 812 ff. BGB kommt nicht in Betracht.
Die nach dieser Regelung fehlende Rückerstattungspflicht ist allerdings in der Höhe begrenzt durch die Höhe der ursprünglichen Restrukturierungsforderung. Erhält ein Gläubiger mehr als ihm nach seiner ursprünglichen Forderung gegen den Schuldner zusteht, besteht keinerlei Rechtsgrund für diesen die Forderung übersteigenden Teil des Erlangten. Dieser Mehrbetrag ist als rechtsgrundlose Leistung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB dem Schuldner zu erstatten (K. Schmidt/Spliedt, § 254 Rn. 13; Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 254 Rn. 24).
Soweit der Restrukturierungsplan vorsieht, dass Restrukturierungsforderungen von Gläubigern in Anteilsrechte oder Mitgliedschaften an dem Schuldner umgewandelt werden, wird die aus dem Recht für Kapitalgesellschaften bekannte Nachschusspflicht aus der Differenzhaftung bei Sacheinlagen mit dieser Regelung ausgeschlossen. Die Vorschrift entspricht der bereits für den Insolvenzplan geltenden Regelung in § 254 Abs. 4 InsO. Sollte sich nach Bestätigung des Restrukturierungsplanes herausstellen, dass die Restrukturierungsforderung in Bezug auf den Wert des für die Forderung erhaltenen Geschäftsanteiles überbewertet wurde, entsteht für den Übernehmer des Geschäftsanteiles keine Nachschusspflicht aus den Grundsätzen der Differenzhaftung, die sonst bei überbewerteten Sacheinlagen für Kapitalgesellschaften (vgl. §§ 9 Abs. 1, 19 Abs. 4 GmbHG) gelten. Der Ausschluss der Differenzhaftung soll den Gläubigern der umgewandelten Forderungen vor allem Rechtssicherheit geben und sie davor bewahren, dass im Falle eines späteren Scheiterns der Sanierung sich nicht nur der Forderungsausfall für diese Gläubiger realisiert sondern sie zusätzlich noch dem Risiko einer Nachschusspflicht ausgesetzt sind. Für den Restrukturierungsplan ist der Ausschluss insbesondere gerechtfertigt, da der Schuldner selbst den Plan erstellt und im Rahmen der Vorgabe des § 8 den Kreis der einbezogenen Forderungen und den Umfang ihrer Einbeziehung bestimmen kann (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 191).
Die rechtskräftige Bestätigung durch das Restrukturierungsgericht heilt etwaige Mängel im Verfahren der Planabstimmung sowie Mängel bezüglich der Willenserklärungen bei Planangebot und Planannahme. Die Regelung dient gemäß der Gesetzesbegründung vor allem der Rechtssicherheit von Schuldnern und Planbetroffenen in Bezug auf die Umsetzung des Restrukturierungsplanes (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 191). Diese Vorschrift entspricht der für Insolvenzpläne bereits geltenden Rechtslage (MüKo-InsO/Huber/Madaus, § 254 Rn. 12 mit weiteren Nachweisen). Für die Heilungswirkung wird auf die Rechtskraft des gerichtlichen Bestätigungsbeschlusses abgestellt, da Schuldnern und Planbetroffenen gem. § 66 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss eingeräumt wird.