(1) Innerhalb jeder Gruppe sind allen Planbetroffenen gleiche Rechte anzubieten.

(2) Eine unterschiedliche Behandlung der Planbetroffenen in einer Gruppe ist nur mit Zustimmung aller Planbetroffenen, zu deren Lasten die unterschiedliche Behandlung geht, zulässig. In diesem Fall ist dem Restrukturierungsplan die zustimmende Erklärung eines jeden Planbetroffenen, zu dessen Lasten die unterschiedliche Behandlung geht, beizufügen.

(3) Jedes Abkommen des Schuldners oder Dritter mit einzelnen Planbetroffenen, durch das diesen für ihr Verhalten bei Abstimmungen oder sonst im Zusammenhang mit dem Restrukturierungsverfahren ein nicht im Plan vorgesehener Vorteil gewährt wird, ist nichtig.


1

Das  Grundkonstrukt des StaRUG, wonach Planbetroffenen im Rahmen des § 8 frei bestimmt werden können und somit eine Ungleichbehandlung von Gläubigern möglich ist, findet seine Durchbrechung in § 10. Dieser schreibt jedenfalls für die Planbetroffenen einer Gruppe vor, diesen gleiche Rechte anzubieten. Der Gedanke der Gleichbehandlung ist aus Art. 3 Abs. 1 GG und § 226 InsO (zur Gleichbehandlung in der InsO: Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, S. 161) übernommen.

2

Eine weitergehende Gleichbehandlung, sei es zwischen verschiedenen Gruppen oder im Hinblick auf den Einbezug von Planbetroffenen in die entsprechende Gruppe, gewährleistet und fordert § 10 nicht, insbesondere nicht gegenüber mithaftenden Dritten (Hess§ 226 Rn. 12).

3

§ 10 Abs. 1 fordert, dass den Planbetroffenen einer jeden Gruppe, gleiche Rechte anzubieten sind. Dem Wortlaut nach wird nicht auf eine wirtschaftliche Gleichbehandlung abgestellt, sondern darauf, dass jedem Planbetroffenen der entsprechenden Gruppe gleiche Rechte anzubieten sind. Unproblematisch sind die Fälle, in denen die Forderungen der Planbetroffenen Gläubiger der Gruppe um den gleichen Prozentsatz gekürzt bzw. befriedigt werden (Flöther/Tasma, § 10 Rn. 2). In diesen Fällen sind gleiche Rechte und wirtschaftliche Gleichbehandlung identisch. Unproblematisch ist weiterhin der Fall, in dem dem jeweiligen Planbetroffenen das gleiche Wahlrecht wie den anderen Planbetroffenen der Gruppe eingeräumt wird, auch dann, wenn die Planbetroffenen das Wahlrecht unterschiedlich ausüben und damit im Ergebnis wirtschaftlich ungleich partizipieren (Braun/Böhm, § 10 Rn. 3; Flöther/Tasma, § 10 Rn. 4; für die InsO Braun/Braun/Franke, § 226 Rn. 8), da ihnen dennoch gleiche Rechte angeboten werden. Dabei ist irrelevant, ob ein Planbetroffener die ihm gewährten Rechte/Optionen in Anspruch nimmt oder nicht (AG Köln ZRI 2021, 377 (379); Flöther/Tasma, § 10 Rn. 2). Solange den Gläubigern einer Gruppe formal die Gleichen Rechte angeboten werden, stellt eine individuelle Verschlechterung im Vergleich - bspw. zu Mitgesellschafter -  keinen Verstoß gegen die Gläubigergleichbehandlung dar (Für individuelle gesellschaftsrechtliche Verschlechterung: K. Schmidt InsO/Spliedt, § 226 Rn. 4; Flöther/Tasma, § 10 Rn. 3).

4

Umstritten ist, ob Gleichbehandlung auch dann anzunehmen ist, wenn eine Zuordnung von unterschiedlichen Rechten erfolgt (ohne Wahlrecht), auch wenn dies im Ergebnis eine wirtschaftliche Gleichbehandlung darstellt (dafür MüKo-InsO/Breuer, § 226 Rn. 8 m.w.N.; dagegen HmbKommInsR/Thies, § 226 Rn. 2 m.w.N.).

5

Im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Planbetroffenen innerhalb einer Gruppe ist mit Blick auf § 9 Abs. 2 noch festzustellen, dass bei der Unterteilung einer Gruppe nach Maßgabe wirtschaftlicher Interessen (bspw. unterschiedliche Absonderungsgläubiger: Lieferanten und Geldkreditgebern) (Pannen/Riedemann/Smid/Smid, § 10 Rn. 4) und damit der Schaffung weiterer Gruppen, diese nicht in einem Rangverhältnis stehen, sondern gleichberechtigt nebeneinander (vgl. Ausführungen zu § 9 Abs. 2). Da es sich hierbei nicht um Untergruppen, sondern um gleichberechtigt nebeneinanderstehende Gruppen handelt, hat auch dort die Gleichbehandlung nur innerhalb der entsprechenden Gruppe und nicht gruppenübergreifend im Rahmen der Untergruppen zu erfolgen.

6

Von den vorgenannten Grundsätzen kann nur dann abgewichen werden, wenn der im Rahmen einer Gruppe schlechter gestellte Planbetroffene seine schriftliche Zustimmung erteilt, und diese Zustimmungserklärung dem Restrukturierungsplan beigefügt wird (BeckOK StaRUG/Fridgen, § 10 Rn. 12; Zur Zustimmungsvoraussetzung bei Ungleichbehandlung innerhalb einer Gruppe: HmbKommInsR/Thies, § 226 Rn. 3-4).

7

Das Gesetz ordnet an, dass sowohl Absprachen des Schuldners als auch Dritter mit einzelnen Planbetroffenen die einen nicht im Plan vorgesehenen Vorteil gewähren nichtig sind. Dies gilt nicht nur für tatsächlich abgeschlossene Vereinbarungen, sondern auch in Bezug auf sämtliche faktischen Vorgänge (BeckOK StaRUG/Fridgen, § 10 Rn. 15) und ist daher – wie auch bei § 226 Abs. 3 InsO – weit auszulegen und erfasst jede einvernehmliche Besserstellung des Dritten (Flöther/Tasma, § 10 Rn. 5; vgl. zum Insolvenzplan K. Schmidt InsO/Spliedt, § 226 Rn. 6). Unter einer solchen Besserstellung wird zu verstehen sein, dass der Begünstigte mehr erhält als ihm normalerweise - mithin der regulären Teilnahme am Restrukturierungsprozess - zustünde, wobei es auf die Wesentlichkeit der Besserstellung nicht ankommt (Für den Insolvenzplan: MüKoInsO/Breuer InsO § 226 Rn. 16). Um eine solche Vereinbarung nicht der Nichtigkeit auszusetzen, können die Beteiligten die Absprachen im Restrukturierungsplan offen legen (Zur Offenlegung solcher Vereinbarungen im Insolvenzplan: BGH NZI 2005, 325, 327; Flöther/Tasma, § 10 Rn. 8). Liegen solche Absprachen vor, kann dies auch zur Versagung (nicht zur Nichtigkeit (zum Insolvenzplan: Gottwald/Haas/Koch/de Bra, § 66 Rn. 103)) der Planbestätigung nach § 63 Abs. 4 führen. Dies dient der Transparenz und Integrität des Abstimmungsprozesses (RegE, BT-Drs. 19/24181, 120). Hiervon sind ebenso Absprachen unter Planbetroffenen erfasst (Flöther/Tasma, § 10 Rn. 5). Keine Umgehung stellt daher die sog. loan-to-own-Strategie von Investoren dar, bei der gezielt Forderungen unbedingt (zur Problematik bei auf die Planannahme bedingten Forderungsankäufen: vgl. BGH NZI 2005, 325 (327)) mit dem Ziel des späteren Unternehmenserwerbs mittels Debt-equity-Swap erworben werden, dar, da hierbei das unternehmerische Risiko der Planablehnung voll auf den Erwerber übergeht (Flöther/Tasma, § 10 Rn. 7; BeckOK StaRUG/Fridgen, § 10 Rn. 19; ebenso zum Insolvenzplan KPB/Spahlinger, § 226 Rn. 11; Nerlich/Römermann/Ober, § 226 Rn. 13; vgl. zum Insolvenzplan K. Schmidt InsO/Spliedt, § 226 Rn. 8).

8

Ob ein Verstoß gegen § 10 vorliegt, kann im Rahmen der freiwilligen Vorprüfung nach § 47 auf Antrag des Schuldners oder im Rahmen der gerichtlichen Planbestätigung nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 geprüft werden (Flöther/Tasma, § 10 Rn. 9).