Übersicht
- A. Überblick/Allgemeines (Rn. 1 - 4)
- B. Historie (Rn. 5 - 8)
- C. Systematischer Zusammenhang (Rn. 9 - 10)
- D. § 2 Abs. 1 StaRUG (Rn. 11)
- E. § 2 Abs. 2 StaRUG (Rn. 34)
- F. § 2 Abs. 3 StaRUG (Rn. 48 - 50)
- G. § 2 Abs. 4 StaRUG (Rn. 60 - 62)
- H. § 2 Abs. 5 StaRUG (Rn. 82 - 86)
Der Restrukturierungsplan ist das zentrale Element des Restrukturierungsverfahrens und kann gleichsam als Lösungsweg und Ziel verstanden werden. Er soll der Restrukturierungspraxis eine dem Insolvenzverfahren vorgelagerte Alternative für die Sanierung bieten. Wie der Insolvenzplan bildet auch der Restrukturierungsplan die Grundlage für Eingriffe in die Forderungen und Rechte von Gläubigern und Anteilsinhabern basierend auf einer Mehrheitsentscheidung der Beteiligten (BR-Drs. 619/20, S. 121). Er ist somit ein Instrument zur kollektiv-privatautonomen Bewältigung der schuldnerischen Krise (BT-Drs. 19/24181, S. 109). Anders als im Insolvenzplanverfahren sieht das StaRUG keine zwingende Beteiligung des Gerichts vor. Es ist allerdings zu erwarten, dass der Schuldner in den allermeisten Fällen zu einer Einbindung des Restrukturierungsgerichts optieren wird.
Die Regelungen zum Restrukturierungsplan finden sich verstreut über verschiedene Kapitel innerhalb von Teil 2 des StaRUG. Das Kapitel 1 des Teil 2 (§§ 2 bis 28) des StaRUG normiert die allgemeinen Regelungen zu Planinhalt und Planabstimmung. Kapitel 2 enthält daran anschließend die relevanten gerichtlichen Verfahrenshilfen in Zusammenhang mit dem Restrukturierungsplan. Angesprochen sind damit das gerichtliche Planabstimmungsverfahren (§§ 45 f.), die gerichtliche Vorprüfung (§§ 47 f.), das Verfahren zur Bestätigung des Plans durch das Restrukturierungsgericht (§§ 60 ff.) und die Wirkungen des bestätigten Plans (§§ 67 ff.).
Der Einstieg in die Regeln zum Insolvenzplan in Kapitel 1 des zweiten Teils erfolgt systematisch nachvollziehbar, allerdings wenig instruktiv, mit den §§ 2 bis 4. Sie legen fest welche Rechtsverhältnisse durch einen Restrukturierungsplan gestaltet werden können und welche Rechtsverhältnisse von dieser Möglichkeit ausgenommen sind. Dabei lässt sich insgesamt eine starke inhaltliche Anlehnung an das insolvenzplanrechtliche Vorbild erkennen (Gehrlein, BB 2021, S. 66, 68), während die Regelungssystematik neue Wege geht.
§ 2 bildet die Grundlage für die Bestimmungen des Restrukturierungsplans, indem er als Zentralnorm den Kreis der gestaltbaren Rechtsverhältnisse festschreibt. Die europarechtlichen Vorgaben bezüglich der im Restrukturierungsplan notwendigen Inhalte für den deutschen Gesetzgeber sind in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 8 Abs. 1 g) der EU-Richtlinie 2019/1023 niedergelegt, die am 20. Juni 2019 in Kraft getreten ist (vgl. auch BT-Drs. 19/24181, S. 109).
In dem Bestreben, die Vorgaben der EU-Richtlinie 2019/1023 umzusetzen, veröffentlichte das BMJV am 19. September 2020 den Referentenentwurf vom 18. September 2020 für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG), dessen Art. 1 das StaRUG umfasste. Der ambitionierte Zeitplan, der ein Inkrafttretens bereits zum 01. Januar 2021 vorsah, war auch der anhaltenden Corona-Pandemie geschuldet. Der Gesetzgeber sah in dieser Situation die dringende Notwendigkeit, weitere Sanierungsmöglichkeiten für Unternehmen zu schaffen.
Im Referentenentwurf des SanInsFoG war den Regelungen zu den gestaltbaren Rechtsverhältnissen noch ein neuartiger Regelungskomplex zu den Pflichten der Geschäftsleiter bei drohender Insolvenz vorgeschaltet. Erst als kurz vor der Verabschiedung des Gesetztes aufgrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 15. Dezember 2020 diese Normen komplett gestrichen wurden (BT-Drs. 19/25303, S. 8 – Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 15.12.20; kritisch: Gehrlein, BB 2021, S. 66, 67; Braun/Braun, StaRUG, Essay S. 8; Schülke, DStR 2021, S. 621, 625), rückten die Regelungen zu den gestaltbaren Rechtsverhältnissen an ihren heutigen Platz in §§ 2-4.
Inhaltlich kam es im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses zu verschiedenen Änderungen des heutigen § 2 (zunächst § 4 StaRUG-RefE). § 4 Abs. 2 StaRUG-RefE bestimmte in S. 1 noch allgemein „vertragliche Nebenbestimmungen“ von Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften als gestaltbar. Mit dem Entwurf der Bundesregierung fand Abs. 2 S. 1 StaRUG Eingang in das Gesetz, der nunmehr die Gestaltbarkeit mehrseitiger Rechtsverhältnisse zwischen dem Schuldner und mehreren Gläubigern regelt (RegE SanInsFoG, S. 13). Außerdem wurde in diesem Zuge der heutige Abs. 2 S. 2 eingefügt, der die Gestaltbarkeit auf die Bedingungen von Schuldtiteln im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG und von Verträgen, die von mehreren Gläubigern zu gleichlautenden Bedingung geschlossen wurden, erweitert. Mit dem Regierungsentwurf erhielt zudem Abs. 4 eine Erweiterung, indem eine Entschädigungspflicht auch bei Eingriffen in die persönliche Haftung eines persönlich haftenden Gesellschafters eines als Gesellschaft ohne Rechtspersönlich verfassten Schuldners in S. 2 eingeführt wurde (RegE SanInsFoG, S. 14). Erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wurde schließlich Abs. 4 S. 1 noch so angepasst, dass nicht nur Sicherheiten von Tochtergesellschaften, sondern auch von Mutter- und Schwestergesellschaften in den Plan einbezogen und gestaltet werden können (siehe dazu BT-Drs. 19/24181, S. 15; RefE-SansInsFoG v. 19. September 2020, S. 14; Westphal/Dittmar, NZI-Beilage 2021, S. 46).
Derartige Eingriffe in konzerninterne Drittsicherheiten waren bis dato auch im Insolvenzplanrecht nicht vorgesehen, sind aber mit dem SanInsFoG zum 01. Januar 2021 analog für das Insolvenzverfahren eingeführt worden, §§ 217 Absatz 2, 223a, 238b, 254 InsO n.F. (BT-Drs. 19/24181, S. 110). Dies ist angesichts der gleichgelagerten Problematik in der Insolvenz konsequent und richtig (siehe auch Westphal/Dittmar, NZI-Beilage 2021, S. 46; Cranshaw/Portisch, ZInsO 2020, S. 2617, 2623; Desch, BB 2020, S. 2498, 2502).
Während das Insolvenzverfahren im Ausgangspunkt sämtliche Gläubiger des Schuldners erfasst, gibt das StaRUG dem Schuldner nach § 8 die Freiheit, die Betroffenen selbst auszuwählen. In diesem Zusammenhang stecken §§ 2-4 als eigener Abschnitt die inhaltliche Reichweite des Restrukturierungsplans ab und definieren damit, welche Rechtsverhältnisse der Schuldner überhaupt in sein Vorhaben einbeziehen kann. Dabei bildet § 2 die erste und grundlegende Vorschrift. Sie wird ergänzt durch §§ 3 und 4, die weitere Konkretisierungen und Einschränkungen enthalten.
§ 2 lehnt sich teilweise stark an gegenstandsähnlichen Vorschriften der InsO an. Dies trifft vor allem auf die Abs. 1 und 3 zu, die sich hinsichtlich ihres Regelungsgegenstands auch in der InsO wiederfinden; die Absätze 2 und 4 sind hingegen neuartig und konzentrieren sich maßgeblich auf die Restrukturierung von Finanzverbindlichkeiten (vgl. Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 7).
§ 2 Abs. 1 setzt den grundlegenden Rahmen für Rechtsverhältnisse, die auf Grundlage eines Restrukturierungsplans gestaltet werden können (dazu im Einzelnen § 7). Es handelt sich dabei nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 zum einen um die sog. Restrukturierungsforderungen, zum anderen um die sog. Absonderungsanwartschaften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2. Diese durch das StaRUG neu geschaffenen Rechtsbegriffe erhalten durch § 2 Abs. 1 jeweils eine Legaldefinition.
Gegenstand der Gestaltung durch einen Restrukturierungsplan können nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 sog. Restrukturierungsforderungen sein. Der Gesetzgeber sah sich zu dieser Wortschöpfung gezwungen, um den Begriff der Insolvenzforderung zu umgehen, der hier mangels eines Insolvenzverfahrens unpassend wäre (BT-Drs. 19/24181, S. 110; Thole, ZIP 2020, S. 1985, 1988). Gemeint sind letztlich aber genau solche Ansprüche, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Insolvenzforderung i.S.d. §§ 38 f. InsO wären.
Nach der Legaldefinition handelt es sich bei Restrukturierungsforderungen um Forderungen, die gegen eine restrukturierungsfähige Person, also den Schuldner, begründet sind. Die Restrukturierungsfähigkeit wird von § 30 geregelt. Danach sind im Ausgangspunkt alle insolvenzfähigen Personen (§ 11 InsO) restrukturierungsfähig. Natürliche Personen werden allerdings gem. § 30 Abs. 1 S. 2 nur erfasst, soweit sie unternehmerisch tätig sind (siehe dazu § 30 Rn. 7, § 4 Rn. 13).
Gestaltbar sind nur Forderungen, die gegen den Schuldner begründet sind, und zwar im maßgeblichen Zeitpunkt gem. § 2 Abs. 5 (siehe dazu § 2 Rn. 82); die Schwelle, nach der eine Forderung als „begründet“ zu werten ist, verläuft parallel zu derjenigen des § 38 InsO (BT-Drs. 19/24181, S. 111). Begründet ist ein Vermögensanspruch gegen den Schuldner demnach in Anlehnung an die zu § 38 InsO entwickelten Rechtssätze, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand bereits abgeschlossen ist; nur die schuldrechtliche Grundlage des Anspruchs muss demnach schon vor Eröffnung des Restrukturierungsverfahrens entstanden sein (Thole, ZIP 2020, S. 1985, 1988; zum Insolvenzrecht: Uhlenbruck/Sinz InsO § 38 Rn. 26 ff. m.w.N). Dafür ist es ausreichend, wenn vom anspruchsbegründenden Tatbestand so viele Merkmale verwirklicht sind, dass der Gläubiger eine gesicherte Anwartschaft an der Forderung hat und der Schuldner mithin ihr Entstehen nicht mehr einseitig verhindern kann (BFH, ZIP 1983, S. 1120; AGR-InsO/Ahrens § 38, Rn. 30).
Nach § 3 Abs. 1 können auch nicht fällige oder bedingte Forderungen in einem Restrukturierungsplan gestaltet werden (siehe dazu § 3 Rn. 2). Anders als im Insolvenzrecht (§ 41 InsO) wird die Fälligkeit dabei jedoch nicht fingiert, sondern der Anspruch in seiner aktuellen Gestalt, also als nicht fällige Forderung, berücksichtigt (siehe dazu § 3 Rn. 3 ).
Der Wortlaut der Norm lässt offen, ob auch Ansprüche, die nicht auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet sind, durch einen Restrukturierungsplan gestaltet werden können. Ein Äquivalent zu § 45 InsO, der im Insolvenzverfahren eine Umwandlung solcher Forderungen in einen Geldbetrag vorsieht, enthält das StaRUG nicht (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 10; Marotzke, ZInsO 2021, S. 643, 644 f.). § 24 Abs. 2 Nr. 3 regelt zwar einen Rückgriff auf den Mechanismus des § 45 InsO bei der Bestimmung der Stimmrechte, allerdings nur für den Fall von Forderungen, die auf Geldbeträge unbestimmter Höhe gerichtet oder in ausländischer Währung oder einer Rechnungseinheit ausgedrückt sind. Forderungen, die überhaupt nicht auf einen Geldbetrag gerichtet sind, werden hingegen nicht genannt (Marotzke (ZInsO 2021, S. 643, 652) hält dies für ein Redaktionsversehen). Esser schließt aus der Tatsache, dass der Restrukturierungsplan die Fortführung des Unternehmens zum Gegenstand hat, dass auch solche Ansprüche, die nicht auf einen Geldbetrag gerichtet sind, ohne eine Umwandlung einer Gestaltung durch den Plan unterzogen werden können (Braun/Esser, StaRUG, § 2, Rn. 10). Auch Marotzke hat mit erheblichem Begründungsaufwand dargestellt, dass solche Forderungen ebenfalls durch einen Restrukturierungsplan gestaltbar sein sollten, soweit sie in einem Insolvenzverfahren der Gestaltung durch einen Insolvenzplan unterlägen (ZInsO 2021, S. 643, 645 ff.). Dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit in keiner Weise im Gesetz verankert hat und in § 24 Abs. 2 ausdrücklich nur ähnliche Konstellationen erfasst hat, in offensichtlicher Abweichung zu § 45 InsO nicht aber die auf sonstige Leistungen gerichteten Forderungen, lässt de lege lata allerdings erhebliche Zweifel zu (vgl. MüKo-InsO/Ehricke/Behme, § 38 Rn. 18 f.).
Bei wiederkehrenden Ansprüchen ist zu unterscheiden, ob der Anspruch jeweils neu als Einzelanspruch entsteht oder aus einem einheitlichen, vor Beginn des Restrukturierungsverfahrens begründeten Stammrecht hervorgeht (Braun/Esser, StaRUG, § 2 StaRUG, Rn. 11; zum Insolvenzrecht: K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 38 Rn. 17). Ein Einzelanspruch liegt vor, wenn die wechselseitigen Ansprüche davon abhängen, dass die zu erbringende Gegenleistung jeweils neu bereitgestellt wird, etwa bei Miet- oder Dienstverhältnissen (zum Insolvenzrecht: HambKomm-InsO/Lüdtke, § 38 Rn. 35). Resultiert der Anspruch hingegen aus einem Stammrecht, hat der Gläubiger den Gegenwert für seine künftigen Ansprüche bereits in das Vermögen des Schuldners erbracht; seine Ansprüche sind dann bereits begründet, da ihre Durchsetzbarkeit nur noch den Zeitablauf erfordert (zum Insolvenzrecht: MüKo-InsO/Ehricke/Behme, § 38 Rn. 25; HambKomm-InsO/Lüdtke, § 38 Rn. 36).
Besonders praxisrelevant sind Abwicklungsansprüche des Vermieters im Rahmen von Mietverhältnissen. Dies betrifft insbesondere Rückbaupflichten oder Ansprüche auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes der Mietsache (Schönheitsreparaturen). Soweit die Ansprüche bereits vor dem relevanten Zeitpunkt gem. § 2 Abs. 5 durch den Umbau, die Einbringung der Gegenstände oder die Abnutzung vor Eröffnung des Restrukturierungsverfahrens angelegt sind (insolvenzrechtlich dazu K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 38 Rn. 19; HambKomm-InsO/Lüdtke, § 38 Rn. 38), können sie grundsätzlich in den Kreis der zu gestaltenden Restrukturierungsforderungen einbezogen werden.
Die Entstehung und Höhe von Steuerforderungen richtet sich nach dem Steuerrecht (zum Insolvenzrecht: K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 38 Rn. 21). Die Steuerschuld entsteht mit der Verwirklichung des Tatbestandes, an den die Steuer geknüpft ist, § 38 AO (vgl. dazu BFH, NZI 2011, S. 336 Rn. 18.). Welche Voraussetzungen dafür erfüllt werden müssen, richtet sich nach den jeweiligen Vorschriften des Steuerrechts und nicht nach dem Insolvenz- bzw. Restrukturierungsrecht (zum Insolvenzrecht: Braun-InsO/Bäuerle, InsO, § 38 Rn. 33).
Bei Schadensersatzansprüchen und sonstigen Haftungsansprüchen, z.B. aus Gewährleistung, kommt es auf den Zeitpunkt der Pflichtverletzung bzw. der Rechtsgutsverletzung an; nicht erforderlich ist, dass auch der aus dieser Rechtsgutsverletzung resultierende Schaden vor Eröffnung des Verfahrens bereits (vollständig) eingetreten ist (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 11; zum Insolvenzrecht: MüKo-InsO/Ehricke/Behme, § 38 Rn. 32; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 38 Rn. 41). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Ansprüche aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen nach § 4 Nr. 2 vollständig einer Gestaltung durch den Plan entzogen sind (siehe dazu § 4 Rn. 8).
Ansprüche aus Garantien oder Bürgschaften sind schuldrechtlich bereits mit der Abgabe der Bürgschaftserklärung oder Garantie begründet, auch wenn der Bürge oder Garantiegeber erst später auf dieser Grundlage in Anspruch genommen wird (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 11).
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 sind die an Gegenständen des schuldnerischen Vermögens bestehenden Rechte, die im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Absonderung berechtigen würden, einer Gestaltung zugänglich. Auch für diese Rechtsverhältnisse schafft der Gesetzgeber mit den „Absonderungsanwartschaften“ eine neue Begrifflichkeit. Die insolvenzrechtliche Parallelvorschrift zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 findet man in § 223 Abs. 1 InsO, der in Absatz 1 und Absatz 2 die Behandlung der Rechte der absonderungsberechtigten Gläubiger im Insolvenzplanverfahren regelt.
Die Norm umfasst unterschiedlichste Sicherungsrechte, die im maßgeblichen Zeitpunkt des Absatz 5 (siehe dazu Rn. 82) an Gegenständen des schuldnerischen Vermögens bestehen. Für die weitere Eingrenzung verweist § 2 Abs. 1 Nr. 2 auf die insolvenzrechtlichen Bestimmungen zur Definition der Absonderungsrechte in den §§ 49 bis 51 InsO.
Aus der Norm lässt sich im Zuge eines Umkehrschlusses ableiten, dass Aussonderungsrechte gemäß § 47 InsO nicht in Restrukturierungsplangestaltungen aufgenommen werden können (diese Erkenntnis gibt schon die Gesetzesbegründung vor: BT-Drs. 19/24181, S. 111). Dies betrifft in der Praxis insbesondere Gegenstände, die dem Schuldner unter Geltung eines einfachen Eigentumsvorbehalts geliefert wurden, aber auch Gegenstände, die dem Schuldner nur aufgrund von Gebrauchsüberlassungsverträgen zur Verfügung stehen, z.B. geleaste Fahrzeuge oder Maschinen. Auch ein durch eine Vormerkung abgesicherter Auflassungsanspruch bezüglich eines Grundstücks vermittelt eine aussonderungsähnliche Position und kann daher nicht durch einen Restrukturierungsplan gestaltet werden (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 14).
Die Abgrenzung von Aussonderungs- und Absonderungsrechten ist in der Praxis mitunter problembehaftet, etwa bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Weiterveräußerungsermächtigung, bei dem die Rechtsposition des Gläubigers davon abhängt, ob die Sache im relevanten Zeitpunkt noch (unverarbeitet) vorhanden ist (Thole, ZIP 2020, S. 1985, 1988). Es kann dabei auf die insolvenzrechtliche Literatur und Rechtsprechung zu §§ 47 ff. InsO zurückgegriffen werden. Neuere Probleme tauchen hier etwa im Bereich von Kryptowerten iSv § 1 Abs. 11 S. 4 KWG (Bitcoin, Ehtereum, etc.) auf, bei denen schon als erster Schritt zu klären ist, welche (inter-)nationalen Vorschriften überhaupt Anwendung auf eine mögliche Verpfändung oder ein anderes Sicherungsmittel finden müssen (BeckOK-StaRUG/Skaudradszun, § 2 Rn. 53 und 61 m.w.N.).
Auf Basis von §§ 49 bis 51 InsO sind die folgenden Absonderungsrechte hervorzuheben, die Absonderungsanwartschaften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 begründen (vgl. auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 14):
Während § 2 Abs. 1 Nr. 2 nur regelt, dass diese Absonderungsanwartschaften überhaupt gestaltbar sind, werden die Möglichkeiten durch § 7 Abs. 1 und 2 genauer definiert, wobei dem Schuldner fast unbeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden (siehe dazu § 7 Rn. 3 ff.).
Im Gleichlauf zur Regelung des § 223 Abs. 1 S. 2 InsO ist die Gestaltung von Finanzsicherheiten i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2, Hs. 2 ausgeschlossen.
Die Ausnahme von der Gestaltbarkeit basiert auf Vorgaben der Finalitätsrichtlinie 1998/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und Abrechnungssystemen, dessen Art. 3 Abs. 1 durch das Gesetz zur Änderung insolvenz- und kreditwesenrechtlicher Vorschriften vom 08. Dezember 1999 umgesetzt wurde, und der europäischen Richtlinie 2002/47/EG vom 06.06.2002 über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze (vgl. BT-Drs. 19/24181, S. 111; 1998/26/EG v. 19. Mai 1998, ABl. L 166, S. 45; 2002/47/EG v. 06. Juni 2002, ABl. L 168, S. 43; vgl. RL 2019/1023 ErwG 94; K. Schmidt/Spliedt, InsO, § 223 Rn. 3; dazu umfassend: Obermüller, ZInsO 2004, S. 187; Meyer/Rein, NZI 2004, S. 367; MüKo-InsO/Breuer, § 223 Rn. 3; Nerlich/Römermann/Rühle, InsO, § 223 Rn. 5). Aus Erwägungsgründen drei und vier der Richtlinie 98/26/EG lässt sich entnehmen, dass treibendes Motiv des europäischen Gesetzgebers die Sicherstellung eines effizienten grenzüberschreitenden Abwicklungssystems für Zahlungs- sowie Wertpapierlieferungs- und -abrechnungsvereinbarungen in der EU war. Der Richtliniengeber will den freien Kapital- und Dienstleistungsverkehr fördern, wodurch zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion beigetragen werden soll (EU-Richtlinie 98/26/EG, S. 2 ErwG 3; MüKo-InsO/Haarmeyer/Schildt, § 21 Rn. 104). Um die Stabilität dieses Systems zu gewährleisten, sollen die Mitgliedstaaten die Beeinträchtigungen des Abwicklungssystems für Zahlungs- sowie Wertpapierlieferungs- und -abrechnungsvereinbarungen durch Insolvenzverfahren gegen Teilnehmer des Systems möglichst geringhalten (EU-Richtlinie 98/26/EG, S. 2, ErwG 4). Auch Richtlinie 2002/47/EG nimmt auf die Richtlinie 1998/26/EG Bezug und betont, dass die Mitgliedstaaten durch den Ausschluss bestimmter Finanzsicherheiten aus den Vorschriften ihres Insolvenzrechts einen bedeutenden Beitrag zur Erhöhung der Rechtssicherheit im System der Finanzsicherheiten leisten sollen (EU-Richtlinie 2002/47/EG, S. 1 ErwG 5, 12). Diese Erwägungen erstrecken sich bei verständiger Würdigung auch auf das Restrukturierungsverfahren und wurden vom deutschen Gesetzgeber durch die Ausnahmen in § 2 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. berücksichtigt.
Genau wie § 223 Abs. 1 InsO soll § 2 Abs. 1 Nummer 2 dementsprechend sicherstellen, dass in Fällen, in denen ein Teilnehmer des internationalen Finanzsystems ein Restrukturierungsverfahren durchläuft, die von ihm gestellten Sicherheiten sofort verwertet werden können und somit die Insolvenz weiterer verbundener Teilnehmer im Sinne eines Dominoeffekts möglichst verhindert wird (zum Insolvenzplanrecht: vgl. Uhlenbruck/Lüer/Streit, InsO, § 223 Rn. 6; FK-Jaffé, InsO, § 223 Rn. 5; K/P/B-Spahlinger, InsO, § 223 Rn. 19; Nerlich/Römermann/Rühle, InsO, § 223 Rn. 5).
Explizit von der Gestaltung ausgenommen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, Hs. 2 Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Absatz 17 KWG sowie die im Rahmen von Zahlungs- und Abwicklungssystemen nach § 1 Absatz 16 KWG gegebenen Sicherheiten. Sie können auch nicht zum Gegenstand einer Stabilisierungsanordnung gemacht werden, § 56 Abs. 1 (siehe dort § 56 Rn. 2; vgl. dazu auch Zuleger, NZI-Beilage 2021, S. 43, 44).
Nach § 1 Abs. 17 KWG umfasst der Begriff der Finanzsicherheiten „Barguthaben, Geldbeträge, Wertpapiere, Geldmarktinstrumente sowie Kreditforderungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe o der Richtlinie 2002/47/EG und Geldforderungen aus einer Vereinbarung, auf Grund derer ein Versicherungsunternehmen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes einen Kredit in Form eines Darlehens gewährt hat, jeweils einschließlich jeglicher damit in Zusammenhang stehender Rechte oder Ansprüche […]“. Inhaltlich lässt sich die Reichweite dieser Definition nur unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention abgrenzen (Meyer/Rein, NZI 2004, S. 367, 368). In der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Umsetzungsgesetztes der Richtlinie 2002/47/EG wird klargestellt, dass mobile oder immobile Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens, wie z.B. Warenlager, Maschinen, Rohstoffe oder Forderungen, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind (Gegenäußerung der BReg. zur Stellungnahme des BR, BT-Drs. 15/1853, S. 34; Meyer/Rein, NZI 2004, S. 367, 368). Die genannten Finanzsicherheiten aus § 1 Abs. 17 KWG werden überwiegend nur bei speziellen Transaktionen, wie etwa bei Wertpapierdarlehens- oder Wertpapierpensionsgeschäften, eingesetzt (Gegenäußerung der BReg. zur Stellungnahme des BR, BT-Drs. 15/1853, S. 34).
Sicherheiten gemäß § 1 Abs. 16 KWG werden dem Teilnehmer eines Systems zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System oder der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der Europäischen Zentralbank gestellt (vgl. MüKo-InsO/Breuer, § 223 Rn. 3). Der Begriff „Systeme“ geht zurück auf Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/26/EG und setzt eine förmliche Vereinbarung von mindestens drei Teilnehmern über die Durchführung und Abwicklung von Zahlungssystemen bzw. Wertpapiertransaktionen voraus (Art. 2 Buchstabe a der Finalitätsrichtlinie (Abl. (EG) L 166/45, v. 11. Juni 1998); Graf-Schlicker/Bornemann, InsO, § 340 Rn. 7). Mitglieder dieser Systeme können nur Kreditinstitute sein, weshalb ausschließlich der Interbankenverkehr durch diese Regelung betroffen ist (Obermüller, ZIP 2003, S. 2336, 2339). Beispiele für Systeme im Sinne von § 1 Abs. 16 KWG sind insbesondere das Clearing-System der Deutsche Börse Clearing AG und das Sparkassen-Gironetz (Uhlenbruck/Lüer/Knof, InsO, § 340 Rn. 22; KK-InsO/Beth, § 23 KredReorgG Rn. 4).
§ 2 Abs. 2 stellt für drei besonders praxisrelevante Fallgruppen die Reichweite der Gestaltbarkeit klar. Die ersten beiden Sätze des § 2 Abs. 2 regeln die Gestaltbarkeit solcher Finanzarrangements, in deren Rahmen der Schuldner nach Maßgabe einheitlicher Bedingungen Mittel von einer Mehrzahl von Gläubigern aufgenommen hat (BT-Drs. 19/24181, S. 111). Danach soll insbesondere in Konsortialfinanzierungen, bei denen zwischen dem Schuldner und den Gläubigern ein einheitliches Vertragsverhältnis besteht (S. 1) als auch in Schuldtitel und Schuldscheindarlehen (S. 2) eingegriffen werden können, wenn Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften auf solchen Rechtsbeziehungen beruhen (siehe dazu auch Desch, BB 2020, S. 2498, 2502; Thole, ZIP 2020, S. 1985, 1988). S. 3 sieht zudem vor, dass in sog. Intercreditor-Vereinbarungen, an denen der Schuldner beteiligt ist, eingegriffen werden kann. Auch die Bedingungen von Sanierungsvereinbarungen sind im Plan gestaltbar (Morgen/Knapp/Wilde, StaRUG, § 2 Rn. 45; AG Köln, NZI 433, 434 Rn. 14).
Beruhen Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften auf einem mehrseitigen Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und mehreren Gläubigern, könnten nach § 2 Abs. 2 S. 1 auch Einzelbestimmungen in diesem Rechtsverhältnis durch den Restrukturierungsplan gestaltet werden.
Die Regelung zielt auf die Gestaltbarkeit von Konsortialfinanzierungen ab (BT-Drs. 19/24181, S. 111). Bei einer Konsortialfinanzierung gewähren mehrere Kreditgeber zusammen dem Darlehensnehmer eine gemeinsame Finanzierung; dabei teilen sich die Konsortialbanken üblicherweise sowohl die Kreditsumme als auch das Risiko und zwar proportional zu dem Verhältnis ihres jeweiligen Anteils an der Finanzierung (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 20). Auch Sanierungsvereinbarungen zwischen den Parteien der Konsortialfinanzierung können durch den Plan gestaltet werden (siehe AG Köln, ZIP 2021 S. 806, 807).
Aus der Gesetzesbegründung – aber auch aus dem Wortlaut der Norm selbst – wird deutlich, dass über die Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften aus § 2 Abs. 1 hinaus auch die Nebenbestimmungen und Bedingungen der jeweiligen Kreditbeziehung zum Schuldner gestaltbar sein sollen (BT-Drs. 19/24181, S. 111). Der Regelungsbedarf ergibt sich aus den in der Finanzpraxis gängigen Bedingungen und Nebenbestimmungen von Finanzierungsinstrumenten, die den Schuldner oftmals verpflichten, bestimmte Geschäftsführungs- oder Finanzierungsmaßnahmen, wie beispielsweise die Besicherung zusätzlich aufgenommener Fremdmittel, zu unterlassen, die geeignet sind, die Stellung der Gläubiger zu verschlechtern (BT-Drs. 19/24181, S. 111). Auch sog. Financial Covenants, d.h. Finanzkennzahlen, deren Nichteinhaltung einen Verletzung des Darlehensvertrags darstellt oder sonstige negative Folgen auslöst, spielen in der Praxis eine erhebliche Rolle (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 20). Durch die Umgestaltung dieser Bedingungen in der Konsortialfinanzierung können für den Schuldner notwendige Erleichterungen geschaffen werden; auch die Heilung eingetretener Verstöße kann im Plan geregelt werden (BT-Drs. 19/24181, S. 111; Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 20). Die Änderung der Nebenbestimmung bewirkt dabei einen milderen Eingriff in die Rechtsposition der Konsortialgläubiger als ein Eingriff in die Substanz der Restrukturierungsforderung oder des Absonderungsanwartschaftsrechts (BT-Drs. 19/24181, S. 111 f.).
Den eigentlichen Akt der Umgestaltung von Nebenbestimmungen greift § 7 Abs. 3 auf, ohne dabei aber nähere Angaben zu den konkreten Möglichkeiten zu machen (siehe dazu § 7 Rn. 10). Dem Schuldner steht jedenfalls ein sehr großer Gestaltungsspielraum zu, insbesondere ist er nicht auf erforderliche Änderungen beschränkt, sondern kann vielmehr auch "nur" zweckmäßige Änderungen regeln (zu dieser "überschießenden Tendenz": AG Köln, NZI 2021, 433, 434 Rn. 11 f.; noch weitgehender: BeckOK-StaRUG/Skauradszun, § 2 Rn. 79a, der als Höchstmaß zulässiger Änderungen nur das Schlechterstellungsverbot und den Marktkonformitätstest sieht; kritisch Arlt/Brägelmann/Ludwig ZInsO 2021, 1485, 1485 f.)
Gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 sind durch den Restrukturierungsplan die Bedingungen von Schuldtiteln gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG als auch von Verträgen, die zu gleichlautenden Bedingungen mit einer Vielzahl von Gläubigern geschlossen wurden, gestaltbar.
§ 2 Abs. 1 Nr. 3 WpHG bezieht sich auf Schuldtitel, insbesondere Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und sonstige Wertpapiere. Die größte praktische Relevanz kommt dabei der Inhaberschuldverschreibung gem. §§ 793 ff. BGB zu, die gerade auch mittelständische Unternehmen in Gestalt sog. „Anleihen“ zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit einsetzen (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 22). Die Formulierung in § 2 Abs. 2 S. 2 („Verträge, die zu gleichlautenden Bedingungen mit einer Vielzahl von Gläubigern geschlossen wurden“) zielt hingegen insbesondere auf sog. Schuldscheindarlehen ab (BT-Drs. 19/24181, S. 111). Hinter dieser Bezeichnung stehen vertragliche Darlehen, deren Konditionen eine gewisse Standardisierung aufweisen, um einen Handel am Kapitalmarkt zu ermöglichen (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 24).
Restrukturierungsbemühungen, die auch Schuldscheindarlehen oder Anleihen einbeziehen, sind mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Der Schuldner und seine Berater – oder aber der Insolvenzverwalter im Insolvenzplanverfahren – sehen sich häufig einer sehr großen Anzahl von Gläubigern mit jeweils verhältnismäßig geringen Forderungen gegenüber. Hierdurch sind die Kommunikation und Koordination der Interessen erschwert. Während für Anleihen das Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) in vielen Fällen noch Instrumente zur Bündelung der Interessen bereitstellt, insbesondere die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters nach § 19 Abs. 6 iVm § 19 Abs. 2 S. 1 SchVG, der dann auch im Rahmen der Abstimmung nach § 20 StaRUG vertretungsbefugt ist (AG München mit Anmerkung von Skauradszun/Blum, NZI 2022, 31, 33; BeckOK-Skauradszun, § 2 Rn. 69b f.), muss bei Schuldscheindarlehen regelmäßig jeder Inhaber gesondert in das Verfahren einbezogen werden. Daraus ergibt sich ein erhebliches Stör- und Blockadepotential (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 24). Sowohl für die Schuldscheindarlehen als auch für solche Anleihen, deren Bedingungen sanierungsfördernde Anpassungen durch Mehrheitsentscheidungen nicht vorsehen (§ 5 Abs. 1 SchVG), eröffnet der Restrukturierungsplan daher neue Möglichkeiten (BT-Drs. 19/24181, S. 112; Desch, BB 2020, S. 2498, 2502).
Die Restrukturierungsmöglichkeiten des SchVG sollen durch die neue Möglichkeit des Restrukturierungsverfahrens nach dem Willen des Gesetzgebers nicht eingeschränkt werden; er rechtfertigt den weiteren Anwendungsbereich des Restrukturierungsverfahrens und den Eingriff in Finanzierungsverträge, die keine Anpassung durch Mehrheitsentscheide vorsehen, mit der Eingangshürde der drohenden Zahlungsunfähigkeit (BT-Drs. 19/24181, S. 112). Tatsächlich dürfte der Restrukturierungsplan in Zukunft für die Restrukturierung derartiger Finanzinstrumente das Mittel der Wahl sein, sofern sich die drohende Zahlungsunfähigkeit belegen lässt (so auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 23). Die Option einer Restrukturierung unter Rückgriff auf das SchVG kann allerdings auch in diesen Fällen eine wichtige Rolle spielen, wenn sie als nächstbesseres Alternativszenario in die Vergleichsrechnung nach § 6 Abs. 2 einfließt (§ 6 Rn. 4).
§ 2 Abs. 2 S. 3 ermöglicht die (Um-)Gestaltung der Bedingungen von Vereinbarungen zwischen dem Schuldner und mehreren Gläubigern, deren Forderungen auf unterschiedlichen Rechtsverhältnissen beruhen. Die Norm zielt auf sog. Inter-creditor-Agreements, mit denen Gläubiger in der Praxis – insbesondere bei komplexeren Finanzierungstrukturen – die Rangverhältnisse ihrer Ansprüche und Sicherheiten untereinander und im Verhältnis zum Schuldner regeln (BT-Drs. 19/24181, S. 111 ff.).
Hinter der Norm steht der zutreffende Gedanke, dass sich solche Forderungen und Sicherheiten nicht isoliert von den Inhalten des Inter-creditor-Agreements betrachten und in das Verfahren einordnen lassen; sie stehen zueinander in einem wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungszusammenhang (BT-Drs. 19/24181, S. 111). Die vorgefundene Situation muss bei dem Restrukturierungsvorhaben berücksichtigt werden. Es ist sinnvoll, sie dann auch gestalten zu können.
Die Beteiligten einer solchen Vereinbarung müssen jeweils für sich Restrukturierungsforderungen oder Absonderungsanwartschaften gegenüber dem Schuldner innehaben. Diese können – anders als unter § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 – aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen stammen (BT-Drs. 19/24181, S. 112; Desch, BB 2020, S. 2498, 2502), woraus sich das wesentliche Abgrenzungsmerkmal zu Konsortialvereinbarungen ergibt.
Damit der sachliche Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 S. 3 eröffnet ist, muss eine Vereinbarung zumindest auch Regelungen über die Durchsetzung der bestehenden Forderungen oder Anwartschaften und das relative Rangverhältnis der aus der Durchsetzung resultierenden Erlöse enthalten. Aus dem Wortlaut ist weiterhin abzuleiten, dass der Schuldner zwingend Partei der Vereinbarung sein muss; eine nur zwischen den Gläubigern bestehende Vereinbarung, die im Innenverhältnis z.B. die Erlösverteilung regelt, ist der Gestaltung entzogen (a.A. Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 27).
Während § 2 Abs. 2 S. 1 die Gestaltung von „Einzelbestimmungen“ erlaubt, bezieht S. 3 sich auf „Bedingungen“. Ein inhaltlicher Unterschied ist wohl nicht intendiert; auch bei Inter-creditor-Agreements dürften also sämtliche Vertragsbestimmungen grundsätzlich der Gestaltung zugänglich sein (so auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 25). Während der Anwendungsbereich der Norm ausweislich des Wortlauts Regelungen zu Durchsetzungsmöglichkeiten oder dem Rangverhältnis fordert, ist eine solche Einschränkung auf der Rechtsfolgenseite nicht erkennbar. Die Gestaltungsmöglichkeiten beschränken sich also nicht auf diese Punkte; vielmehr können auch Bestandteile des Inter-creditor-Agreements, die andere Punkte zum Gegenstand haben, durch den Plan gestaltet werden (so auch AG Köln, ZIP 2021, S. 806, 807). Esser weist zu Recht darauf hin, dass Eingriffe in einzelne Punkte der typischerweise detaillierten und aufeinander abgestimmten Regelungen eines Inter-creditor-Agreements problematisch sein können; es liegt daher nahe, durch den Restrukturierungsplan ein gänzlich neues und in sich stimmiges Inter-creditor-Agreement zu schaffen (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 28).
Die Richtlinie hatte den Mitgliedstaaten die Wahl überlassen, ob die Rechte von Anteilsinhabern der Gestaltung durch den Restrukturierungsplan unterworfen werden können (vgl. RL 2019/1023 ErwG 43, 48, 57 sowie Art. 2 Abs. 1 Nr. 2, Art 12 Abs. 1). Der nationale Gesetzgeber hat sich für diese Möglichkeit entschieden: § 2 Abs. 3 ermöglicht nach dem Vorbild des § 225a InsO die Gestaltung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen des Schuldners sowie der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der an dem Schuldner beteiligten Personen, wenn der Schuldner als juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit verfasst ist. Beide Normen haben das Ziel, einen Durchgriff auf die gesellschaftsrechtliche Ebene zu ermöglichen (zum Insolvenzplanverfahren: Andres/Leithaus/Andres, InsO, § 225a Rn. 1).
Maßnahmen der Reorganisation auch auf der Ebene der Gesellschafter sind oftmals erforderlich, da Gläubiger nur zu Zugeständnissen bereit sind, wenn sich diese auch in Einschnitten für die Gesellschafter widerspiegeln. Darüber hinaus stellt die Umwandlung von Forderungen in Anteilsrechte eine sinnvolle – wenn auch praktisch noch seltene – Handlungsalternative zu Forderungsverzichten oder Stundungen dar. Veränderungen auf der Gesellschafterebene wären ohne eine Gestaltbarkeit unter Rückgriff auf die Mechanismen des Insolvenz- oder Restrukturierungsplans allerdings nur bei freiwilliger Mitwirkung sämtlicher Anteilsinhaber möglich (zum Insolvenzplanrecht: Uhlenbruck/Lüer/Streit, InsO, § 217 Rn. 41). Die damit drohenden Blockaden der Sanierung durch einzelne Anteilsinhaber stellten lange Zeit einen Standortnachteil gegenüber anderen Rechtsordnungen dar und haben damit auch zum sog. Forum Shopping beigetragen, wobei Sanierungsverfahren bewusst in ausländischen Rechtsordnungen durchgeführt wurden (MüKo-InsO/Eidenmüller, § 217 Rn. 2, 5). Es ist richtig und konsequent, dass der Gesetzgeber die als Reaktion darauf geschaffenen Möglichkeiten des § 225a InsO nun auch in das StaRUG übernommen hat.
Die Regelung des § 2 Abs. 3 wird durch § 7 Abs. 4 flankiert (§ 7 Rn. 11). Thole kritisiert zu Recht, dass § 7 Abs. 4, der auf § 225a InsO explizit Bezug nimmt, den Begriff der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit aufgreift, der schon im Insolvenzplanrecht für Unschärfen gesorgt hat; zudem moniert er – ebenfalls zu Recht – , dass der Inhalt des § 7 Abs. 4 systematisch in § 2 Abs. 3 besser platziert gewesen wäre (Thole, ZIP 2020, S. 1985, 1988).
Wie bei seinem insolvenzrechtlichen Pendant stellt sich auch bei § 2 Abs. 3 die Frage nach der Vereinbarkeit der Vorschrift mit höherrangigem Recht. Verschiedene Stimmen haben mit Blick auf Art. 14 GG verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber § 225a InsO geäußert (K/P/B/Spahlinger, InsO, § 225a Rn. 99 ff.; MüKo-InsO/Eidenmüller, § 225a Rn. 123 ff.; Nerlich/Römermann/Rühle/Ober, InsO, § 225a Rn. 8 ff.). Die überwiegende Auffassung in der Literatur tendiert jedoch aus Gemeinwohlüberlegungen und unter Berücksichtigung der ebenfalls grundrechtlich geschützten Gläubigerinteressen dazu, die Eingriffe in das Eigentumsrecht der Altanteilsinhaber, das sowohl den Vermögenswert des Anteils als auch die mitgliedschaftliche Stellung umfasst, als zulässig einzuordnen (siehe u.a.: Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, S. 1927, 1936 ff.; Kresser, ZInsO 2012, S. 1409, 1416, K. Schmidt/Spliedt, § 225a Rn. 7 ff.; Madaus, ZIP 2014, S. 500, 504 ff.; MüKo-InsO/Eidenmüller, § 225a Rn. 123). Aus ähnlichen Erwägungen werden auch die möglichen Eingriffe in die durch Art. 9 Abs. 1 GG verbürgte Vereinigungsfreiheit der Altgesellschafter als unbedenklich angesehen (HambKomm-InsO/Thies, § 225a Rn. 11; MüKo-InsO/Eidenmüller, § 225a Rn. 123). Die Diskussionen um § 225a InsO haben den Gesetzgeber jedenfalls nicht dazu bewogen, die wesensverwandte Regelung in § 2 Abs. 3 anders zu gestalten (Gehrlein, BB 2021, S. 66, 68).
Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit stellt sich bei Eingriffen in die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte im Rahmen eines Restrukturierungsplans in noch verschärftem Maße. Der Gesetzgeber verweist darauf, dass die Schwelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit erreicht sein müsse, die auch den Weg in ein Insolvenzverfahren eröffne, in dem dann durch § 225a InsO gleichartige Eingriffe möglich seien; zudem gewähre der Minderheitenschutzantrag (§ 64 Abs. 1) hinreichenden Schutz (BT-Drs. 19/24181, S. 113; so im Ergebnis auch BeckOK-StaRUG/Skauradszun, § 2 Rn. 86 ff., sowie Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 35 und Morgen/Tresselt, StaRUG, § 2 Rn. 79). Diese Argumentation greift zu kurz: Während der Insolvenzplan stets in einem gerichtlichen Verfahren und unter Begleitung durch einen Insolvenzverwalter oder Sachwalter zustande kommt, gewährt das StaRUG dem Schuldner deutlich größere Freiheiten in der Ausgestaltung des Verfahrens. Insbesondere durch den Ermessensspielraum bei der Auswahl der Planbetroffenen nach § 8 kann der Schuldner unter Rückgriff auf die erforderlichen Mehrheiten, die er durch diese Auswahl selbst kreieren kann, enteignende oder enteignungsgleiche Eingriffe in die Rechte der Mitglieder und Anteilseigner vornehmen. Der Weg in das Insolvenzverfahren kann bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit zudem nur dann beschritten werden, wenn der Insolvenzantrag durch das Willensbildungs- oder Aufsichtsorgan der Gesellschaft mit mehr- oder sogar einheitlichem Beschluss gebilligt wird (Skauradszun, KTS 2021, 1, 48). Erst durch die Billigung des Insolvenzantrags wird bei nur drohender Zahlungsfähigkeit der Eingriff in die Anteilsrechte legitimiert; ob eine solche gesellschaftsrechtliche Hürde auch im Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen besteht, ist höchst umstritten (BeckOK-StaRUG/Skauradszun, § 2 Rn. 86 ff. m.w.N.). Die Vergleichsrechnung, bei deren Erstellung dem Schuldner zweifellos gewisse Gestaltungspielräume eröffnet sind, ist für die übrigen Planbeteiligten inhaltlich schwer zu erschüttern (Doebert/Krüger, NZI 2021, 614, 615 f.; Ringelspacher/Fehl-Weileder, ZRI 2022, 210, 211). Die Glaubhaftmachung der Schlechterstellung i.S.d. § 64 Abs. 2 S. 2 im gerichtlichen Abstimmungsverfahren wird dann zu einer enormen Hürde. Auch wenn aus praktischen Erwägungen die Möglichkeit der Eingriffe in diese Anteilsrechte richtig und wichtig ist, sollten die Gerichte bei der Prüfung, ob ein vorgelegter Plan bestätigt werden kann, daher einen Maßstab anlegen, der die Schwere des Eingriffs angemessen berücksichtigt.
Eingriffe auf der Gesellschafterebene lässt § 2 Abs. 3 nur zu, wenn der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist. § 30 Abs. 1, der den persönlichen Anwendungsbereich des Restrukturierungsrahmens, die sog. Restrukturierungsfähigkeit, regelt, nimmt die Insolvenzfähigkeit gem. § 11 InsO in Bezug. Es ist daher konsequent, auch bei der Eingrenzung der in § 2 Abs. 3 genannten Begriffe auf § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 InsO und die dazu entwickelten Rechtssätze zurückzugreifen (so wohl auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 32).
Juristische Personen des deutschen Privatrechts sind danach insbesondere rechtsfähige Vereine (§§ 21 ff. BGB), rechtsfähige Stiftungen (§§ 80 ff. BGB), die AG (§ 1 Abs. 1 S. 1 AktG), die SE (Art. 1 Abs. 3 SE-VO), die KGaA (§§ 278 ff. AktG), die GmbH (§§ 1, 13 GmbHG) und die UG (§ 5a GmbHG), eingetragene Genossenschaften (§ 17 Abs. 1 GenG) sowie der VVaG (§ 15 VAG) (K. Schmidt/K. Schmidt, § 11 Rn. 11). Zu den Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit gehören nach der Definition des § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO die offene Handelsgesellschaft (§ 105 HGB), die Kommanditgesellschaft (§ 161 HGB), die Partnerschaftsgesellschaft (§ 1 PartGG), die Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts (§ 705 ff. BGB), die Partenreederei (§ 489 HGB a.F.) und die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIVVO und EWIVAG).
Auch die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte an ausländischen juristische Personen und Personengesellschaften unterfallen § 2 Abs. 3, soweit die jeweilige Gesellschaftsform anerkannt ist (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 32; ausführlich: Nerlich/Römermann/Mönning/E. Mönning, InsO, § 11 Rn. 44 ff.).
In Anlehnung an § 225a InsO ermöglicht auch § 2 Abs. 3 Eingriffe in und die Gestaltung der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte. Eine Definition der Begriffe „Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte“ enthalten allerdings weder § 2 Abs. 3 noch § 225a Abs. 3 InsO (zum Insolvenzplanrecht: MüKo-InsO/Eidenmüller, § 225a Rn. 18).
Das Anteilsrecht bildet die Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Schuldners ab; es handelt sich um den Anteil am Kapital der jeweiligen Gesellschaftsform (HambKomm-InsO/Thies, § 225a Rn. 5). Mitgliedschaftsrechte sind zunächst alle Rechte, die streng akzessorisch mit dem wirtschaftlichen Anteilsrecht verknüpft sind und dem Anteilsinhaber zukommen, insbesondere Stimm- und Bezugsrechte (Nerlich/Römermann/Rühle/Ober, InsO, § 225a Rn. 19; HambKomm-InsO/Thies, § 225a Rn. 6). Darüber hinaus sind Mitgliedschaftsrechte aber auch Rechte aus einer lediglich mitgliedschaftlichen Beteiligung am Schuldner, also die Rechte solcher Mitglieder, die – wie etwa bei einem Verein – keine Anteile halten (BT-Drs. 17/5712, S. 31; HambKomm-InsO/Thies, § 225a Rn. 6; Uhlenbruck/Hirte, InsO, § 225a Rn. 8). In der Praxis tritt diese Thematik insbesondere bei Kommanditgesellschaften auf, deren Komplementärin keinen Kapitalanteil hält.
Auch Anteile oder Mitgliedschaftsrechte von Arbeitnehmern können durch den Plan gestaltet werden (siehe auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 33). § 4 Nr. 1 schließt nur die Einbeziehung von Arbeitnehmerforderungen in den Plan aus, nicht aber mögliche Anteilsrechte (siehe auch § 4 Rn. 7).
Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 können die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte durch den Plan gestaltet und auch sonstige gesellschaftsrechtlich zulässige Regelungen getroffen werden; insbesondere können die genannten Rechte auch übertragen werden. Geregelt sind die Gestaltungsmöglichkeiten in sehr allgemeiner Form in § 7 Abs. 1 (siehe dazu § 7 Rn. 2), während § 7 Abs. 4 S. 1 einen recht spezifischen Hinweis auf die Möglichkeit des Debt-Equity-Swap enthält (siehe dazu § 7 Rn. 13).
§ 2 Abs. 4 ermöglicht die Gestaltung von gruppeninternen Drittsicherheiten, die mit der Norm zugleich eine Legaldefinition erfahren. Mit der Regelung, die ein Novum im deutschen Recht darstellt, beseitigt der Gesetzgeber ein wesentliches Hemmnis der vorinsolvenzrechtlichen Restrukturierungspraxis (Thole, ZIP 2020, S. 1985, 1988; Westphal/Dittmar, NZI-Beilage 2021, S. 46, 46). Die Gestaltbarkeit von gruppeninternen Sicherheiten soll Restrukturierungen im Konzernverbund erleichtern, indem die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens auf der Ebene der sicherheitenstellenden Konzerngesellschaft vermieden wird (BT-Drs. 19/24181, S. 113). Es soll also, mit anderen Worten, ein automatisches Durchschlagen der Sanierungsbemühungen bei einer Gruppengesellschaft auf andere Konzernteile verhindert werden, wobei die betroffenen Gläubiger für den Eingriff in die ihnen gestellten Sicherheiten zu kompensiert sind. Da das Restrukturierungsverfahren einen Mehrheitsentscheid entgegen dissentierender Gläubiger zulässt, können die gruppeninternen Sicherheiten nunmehr auch gegen den Willen der gesicherten Gläubiger gestaltet werden (Westphal/Dittmar, NZI-Beilage 2021, S. 46, 46).
Während § 2 Abs. 4 diese Form der Drittsicherheiten für gestaltbar erklärt, richtet sich die Form der möglichen Modifizierungen entsprechend der gewöhnungsbedürftigen Systematik nach § 7 Abs. 1 und 2. Nach § 6 Abs. 3 sind in den darstellenden Teil des Plans die Verhältnisse der sicherungsgebenden Gesellschaft und die Auswirkungen des Plans auf diese Gesellschaft aufzunehmen. Zudem ist im Plan für die durch gruppeninterne Drittsicherheiten gesicherten Gläubiger eine eigene Gruppe zu bilden, § 9 Abs. 1 S. 3. Weiterhin schreibt § 15 Abs. 4 in diesem Zusammenhang vor, dass bei Eingriffen in gruppeninterne Sicherheiten dem Plan die Zustimmungserklärung des betroffenen Sicherungsgebers beizufügen ist. Um zu verhindern, dass Sicherungsnehmer sich bereits während des Verfahrens an der Drittsicherheit schadlos halten, kann nach § 49 Abs. 3 durch eine Stabilisierungsanordnung auch das Recht der Gläubiger zur Durchsetzung der Rechte aus solchen Sicherheiten gesperrt werden (Desch, BB 2020, S. 2498, 2502; siehe dazu auch § 49 Rn. 67).
Konsequenterweise hat der Gesetzgeber in §§ 217 Abs. 2, 222 Abs. 1 Nr. 5, 223a InsO nunmehr auch für das Insolvenzplanverfahren gleichgelagerte Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen.
Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 sind gruppeninterne Drittsicherheiten Rechte der Inhaber von Restrukturierungsforderungen, die diesen aus einer von einem verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 des Aktiengesetzes als Bürge, Mitschuldner oder aufgrund einer anderweitig übernommenen Haftung oder an Gegenständen des Vermögens dieses Unternehmens zustehen.
In den sachlichen Anwendungsbereich fallen damit sowohl Real- als auch Personalsicherheiten. Neben den schon im Gesetz genannten Beispielen zählen zu den erfassten Personalsicherheiten insbesondere der Schuldbeitritt und Garantieerklärungen; lediglich im Verhältnis zum Schuldner erklärte Haftungsübernahmen, wie etwa Patronatserklärungen, die keine (direkte) Haftung gegenüber dem Gläubiger bewirken, sind hingegen nicht erfasst (vgl. auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 45; Westphal/Dittmar, NZI-Beilage 2021, S. 46, 47). Für die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft enthält § 2 Abs. 4 S. 2 eine eigene Regelung. Bei den Realsicherheiten haben praktische Bedeutung insbesondere die (Global-)Zession von Forderungen, die Sicherungsübereignung von beweglichem Anlagevermögen oder Umlaufvermögen und Pfandrechte sowohl am unbeweglichen sowie am beweglichen Vermögen. Im Rahmen größerer Finanzierungsarrangements spielt insbesondere die Abtretung von Gesellschaftsanteilen eine große Rolle und ist ebenfalls von § 2 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 erfasst (ebenso Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 46).
Der persönliche Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn es sich bei dem Sicherungsgeber um ein verbundenes Unternehmen gem. §§ 15 ff. AktG handelt. Die Entscheidung, nicht nur Sicherheiten von beherrschten Unternehmen einzubeziehen, traf der Gesetzgeber erst in den letzten Zügen des Gesetzgebungsverfahrens aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (siehe oben § 2 Rn. 6). Nach dem in Bezug genommenen Konzernbegriff des Aktienrechts in §§ 15 ff. AktG sind verbundene Unternehmen rechtlich selbstständige Unternehmen, im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291 f. AktG). In den persönlichen Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 S. 1 Hs. 1 sind demnach Tochter-, Mutter- und Schwestergesellschaften einbezogen. Es kann also in Up-, Down- oder Cross-stream gestellte Drittsicherheiten eingegriffen werden (Hoegen/Kranz, NZI 2021, S. 105, 107).
Für die Umgestaltung der gruppeninternen Drittsicherheiten ordnet § 7 Abs. 2 S. 2 die entsprechende Anwendung von § 7 Abs. 2 S. 1 an, der sich allerdings auf Restrukturierungsforderungen und Absonderungsanwartschaften bezieht und damit für die Sonderthematik von Drittsicherheiten wenig spezifische Erkenntnisse liefert (siehe dazu § 7 Rn. 8).
Nach § 2 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 sind Eingriffe in gruppeninterne Drittsicherheiten angemessen zu kompensieren. Ein Ausgleich ist schon deshalb angezeigt, weil die betroffenen Sicherungsnehmer anderenfalls stets über § 64 Absatz 1 erfolgreich geltend machen könnten, durch den Plan schlechter gestellt zu werden als sie ohne Plan stünden (BT-Drs. 19/24181, S. 113).
Obwohl § 2 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 einen „Eingriff“ voraussetzt, bedeutet dies nicht, dass die Gestaltung der gruppeninternen Sicherheit gegen den Willen des Sicherungsnehmers erfolgen muss; die Entschädigungspflicht gilt demnach auch, wenn der Gläubiger dem Plan zustimmt (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 61).
Die einfachste Form einer Kompensation für den (partiellen) Verlust der Sicherheit ist eine Barabfindung in der Höhe, in der die Sicherheit werthaltig ist (siehe Rn. 71). In Betracht kommt ebenfalls ein Austausch der Sicherheit (siehe Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 63).
Die Entschädigung soll nach der Gesetzesbegründung aus dem Vermögen des Schuldners stammen, ohne dass sich diese Vorgabe im Wortlaut der Norm niederschlägt (vgl. BT-Drs. 19/24181, S. 113); die besseren Gründe sprechen dafür, entgegen der Gesetzesmaterialien auch Entschädigungsleistungen aus dem Vermögen Dritter zuzulassen (so auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 62; Morgen/Tresselt, StaRUG, § 2 Rn. 136). Systematisch folgt dies daraus, dass der Restrukturierungsplan selbstverständlich Planbeiträge neuer Finanzierer zulässt, aus denen die Restrukturierungsgläubiger befriedigt werden. Es handelt sich bei solchen neuen Mitteln auch nicht um Vermögen des Schuldners, das – vergleichbar mit der Insolvenzmasse – zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger eingesetzt werden müsste. Der Restrukturierungsrahmen gibt dem Schuldner ohnehin die Möglichkeit, seine Gläubiger durch die Auswahl der Planbetroffenen und die Gruppenbildung höchst unterschiedlich zu behandeln. Es gibt daher keinen vernünftigen Grund, den neuen Finanzierer in der Verwendung seiner Mittel einzuschränken. Rein praktisch wird der Schuldner des Restrukturierungsverfahrens in den allermeisten Fällen ohnehin selbst nicht über ausreichend liquide Mittel oder freie Sicherheiten verfügen, die eine Kompensation aus dem eigenen Vermögen ermöglichen (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 62; Cranshaw/Portisch, ZInsO 2020, S. 2617, 2623).
Nach der Gesetzesbegründung ist den Sicherungsnehmern in dem Umfang Entschädigung zu leisten, in dem ihr Sicherungsrecht werthaltig ist (BT-Drs. 19/24181, S. 113). Aus § 6 Abs. 3 ergibt sich, dass sofern in gruppeninterne Drittsicherheiten eingegriffen werden soll, im darstellenden Teil des Plans auch die Verhältnisse des Tochterunternehmens und die Auswirkungen des Plans auf dieses einzubeziehen sind; dies dient maßgeblich dem Ziel, eine Beurteilung der Werthaltigkeit der Sicherheit zu ermöglichen (Desch, BB 2020, S. 2498, 2502).
Der unbestimmte Begriff der Angemessenheit wird darüber hinaus nicht konkretisiert, weshalb schwierige Bewertungsfragen in der Praxis zu erwarten sind (so auch Westphal/Dittmar, NZI-Beilage 2021, S. 46, 47). Letztlich ist zu ermitteln, in welcher Höhe der Gläubiger im Fall der Inanspruchnahme der Sicherheit hieraus Befriedigung erlangen könnte. Das wird in der Praxis in vielen Fällen nicht eindeutig festzustellen sein (Bieg/Borchardt/Frind/Thies, S. 281, Rn. 33). Bei verpfändeten Gesellschaftsanteilen ist eine Unternehmensbewertung der Tochtergesellschaft notwendig (Westphal/Dittmar, NZI-Beilage 2021, S. 46, 47). Bei den Realsicherheiten müssten zunächst die Sicherungsgegenstände bewertet werden; zudem muss geprüft werden, ob es vorrangige und/oder kollidierende Sicherungsrechte anderer Gläubiger an dem betroffenen Gegenstand gibt (vgl. Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 59).
Bei Bürgschaften und Garantien muss die Leistungsfähigkeit des Sicherungsgebers analysiert werden. Denkbar sind zwei Szenarien: Im ersten Szenario ist der Sicherungsgeber voll leistungsfähig; dann ist der Gläubiger in voller Höhe der Sicherheit zu kompensieren. Es dürfte bei einer Gesamtbetrachtung des Konzerns in diesem Szenario wirtschaftlich meist wenig Sinn ergeben, den betroffenen Gläubiger überhaupt in den Restrukturierungsplan einzubeziehen. Zudem wird der Schuldner in dieser Situation in aller Regel auch selbstständig nicht in der Lage sein, den Verlust der Sicherheit zu kompensieren. Im zweiten Szenario ist der Bürge oder Garant bei Inanspruchnahme der Sicherheit ebenfalls finanziell überfordert. Dann ist zu prüfen, in welcher Höhe der Gläubiger im Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers mit einem Erlös rechnen könnte. Dies erfordert komplexe Modellrechnungen unter Einbeziehung sämtlicher Aktiva und Passiva des Sicherungsgebers und der Chancen, Risiken sowie Kosten des Insolvenzszenarios.
Nach der Gesetzesbegründung kann die Werthaltigkeit der Sicherheit im Einzelfall dadurch beeinträchtigt sein, dass aufgrund der kapitalerhaltungsrechtlichen Bindungen des Vermögens des sicherheitengewährenden Tochterunternehmens der volle Zugriff auf die Sicherheit ausgeschlossen ist (BT-Drs. 19/24181, S. 113). Diese Aussage erstaunt, denn grundsätzlich schränken die Kapitalerhaltungsvorschriften, die im Verhältnis zwischen den verbundenen Unternehmen ihre Wirkung entfalten, den Sicherungsnehmer als Dritten nicht bei der Inanspruchnahme der Sicherheit ein (vgl. Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, § 30 Rn. 61 m.W.N.; siehe auch Cranshaw/Portisch, ZInsO 2020, S. 2617, 2623). Anders liegt die Situation, wenn die Sicherungsabreden sog. Limitation Language enthalten, also Klauseln, die die Verwertungsmöglichkeiten des Sicherungsnehmers einschränken, sofern hierdurch das gebundene Vermögen des Sicherungsgebers – das vertraglich zu definieren ist – angegriffen würde (siehe Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 60; ausführlich: Altmeppen GmbHG, § 30 Rn. 146 ff.).
Zur Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung gemäß § 2 Abs. 4, S. 1, 2. Halbsatz kann das Gericht gemäß § 73 Abs. 3 Nr. 2 einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen (siehe dazu § 73 Rn. 24). Eine solche Prüfung, die oftmals eine umfassende Bewertung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Sicherungsgebers unter Berücksichtigung der Konzernzusammenhänge erfordert, wird in den meisten Fällen ordnungsgemäß nur durch einen Wirtschaftsprüfer zu erbringen sein (siehe auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 54). Diese Anforderungen unterscheiden sich deutlich von dem sonstigen Anforderungsprofil für den Restrukturierungsbeauftragten, das – wohl auch nach der Einschätzung des Gesetzgebers – ähnliche Qualifikationen erfordert wie das Amts des Insolvenzverwalters oder Sachwalters (siehe dazu § 74 Rn. 1). Ist der Restrukturierungsbeauftragte nicht selbst Wirtschaftsprüfer, wird er daher die Hilfe eines solchen Wirtschaftsprüfers oder einer entsprechend qualifizierten Person heranziehen müssen. Hinderlich könnte dabei § 81 Abs. 3 S. 2 sein, wonach der Stundensatz auch für qualifizierte Mitarbeiter des Restrukturierungsbeauftragen auf EUR 200,00 begrenzt ist.
In jedem Fall dürfte die Angemessenheitsprüfung durch den Restrukturierungsbeauftragten erhebliche Kosten verursachen, die wiederum nur als angemessen erachtet werden könnten, wenn sie selbst in einer sinnvollen Relation zum Planwert, den besicherten Restrukturierungsforderungen und dem (Nominal-)Wert der Sicherheit stehen.
§ 2 Abs. 4 S. 2 erweitert die Entschädigungspflicht auf Fälle, in denen durch den Plan die Haftung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit beschränkt wird. Diese Entschädigung knüpft an § 11 S. 2 an, wonach mit dem Erlass der restlichen Verbindlichkeiten gegenüber den planbetroffenen Gläubigern durch den Plan reflexartig auch die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien für diese Forderungen entfällt.
Diese Entschädigungspflicht des § 2 Abs. 4 S. 2, die mit dem Regierungsentwurf in das Gesetz eingeflossen ist (siehe oben zur Historie Rn. 5), basiert auf der Annahme, dass Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit im Rechtsverkehr besondere Kreditwürdigkeit genießen, da den Gläubigern zusätzlich zum Vermögen der Gesellschaft das Vermögen des persönlich haftenden Gesellschafters als Haftungsmasse unbeschränkt zur Verfügung steht; dies gelte in besonderem Maße, wenn es sich bei zumindest einem persönlichen Gesellschafter um eine natürliche Person handelt, da gegenüber den Gesellschaftsgläubigern das Privatvermögen der natürlichen Personen unbeschränkt haftet (BT-Drs. 19724181, S. 114).
Einen Anspruch auf eine Kompensation haben alle Gläubiger des Schuldners, auf deren Forderungen sich die persönliche und unbeschränkte Haftung des Gesellschafters erstreckt (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 65). Ohne nähere Begründung bezieht § 2 Abs. 4 S. 2 die KGaA – anders als § 11 S. 2 nicht ein (vgl. auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 68). Es dürfte sich um ein redaktionelles Versehen handeln, denn es ist nicht ersichtlich, warum die Gläubiger einer KGaA hier anders behandelt werden sollten. Insbesondere entstünde auch bei der KGaA die Problematik, dass die Gläubiger bei fehlender Kompensationspflicht regelmäßig gem. § 64 Absatz 1 erfolgreich geltend machen könnten, durch den Plan schlechter gestellt zu werden als sie ohne Plan stünden (siehe auch oben Rn. 67).
Nach der Gesetzesbegründung ist von einer angemessenen Höhe der Entschädigung auszugehen, wenn sie in ihrem Umfang der Höhe entspricht, in der der Anspruch des Gläubigers gegen den persönlich haftenden Gesellschafter werthaltig ist (BT-Drs. 19724181, S. 114). Zu den genauen Anforderungen an die Berechnung der Kompensation fehlen in Gesetz und Gesetzesbegründung jegliche Anhaltspunkte. Wie bei den gruppeninternen Sicherheiten (siehe oben Rn. 63) ist ein umfassender Status der Vermögensverhältnisse des Gesellschafters zu erstellen und daraus unter Berücksichtigung von Kosten, Chancen und Risiken eines Insolvenzverfahrens eine Art Quotenprognose abzuleiten. Die fehlenden Vorgaben bieten in der Praxis jedenfalls erhebliches Konfliktpotential und erschweren auch die Planbarkeit von Restrukturierungsverfahren (siehe auch Cranshaw/Portisch, ZInsO 2020, S. 2617, 2623).
Neben dem Problem der Berechnung wird auch die finanzielle Belastung durch die erforderlichen Kompensationszahlungen ein erhebliches Hindernis für Sanierungsvorhaben unter dem StaRUG mit sich bringen (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 67). Wie bei den gruppeninternen Drittsicherheiten wird eine Kompensation oft nur unter Rückgriff auf Mittel eines neuen Investors aufzubringen sein (siehe oben Rn. 70). Um die in Sanierungsszenarien oftmals knappe Liquidität zu schonen, sollte auch hier statt einer Barabfindung die Stellung von Ersatzsicherheiten oder die Übertragung von Anteilsrechten möglich sein (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 67).
§ 2 Abs. 5 bestimmt den maßgeblichen Zeitpunkt, nach dem sich der Status der Rechtsverhältnisse nach § 2 Abs. 1 bis 4 richtet. Es bedarf der Definition eines solchen Stichpunkts, da es eine grundlegende Zäsur – anders als im Insolvenzverfahren, das durch die Verfahrenseröffnung abgegrenzt ist – im Restrukturierungsverfahren nicht gibt (vgl. auch Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 69). Ohne einen einheitlichen Aufsatzpunkt bestünde die Gefahr, dass der Restrukturierungsplan in sich rechnerisch unstimmig oder sogar widersprüchlich ausfällt.
Nach dem Willen des Gesetzgebers ist hierfür auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Schuldner des Plans zu dem Zweck entäußert, eine Planabstimmung durchzuführen (BT-Drs. 19724181, S. 114).
Bei einer außergerichtlichen Planabstimmung ist nach § 2 Abs. 5 S. 1 Var. 1 auf den Zeitpunkt der Unterbreitung des Planangebots abzustellen. Eine zeitliche Präzisierung, wann oder wodurch diese Unterbreitung erfolgt, fehlt. Eine Anknüpfung an den Zugang des Planangebots (vgl. § 19) ist unpraktikabel (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 70). Es wird vorgeschlagen, dass der Schuldner den förmlichen Zeitpunkt der Unterbreitung des Planangebots i.S.d. § 2 Abs. 5 daher nach pflichtgemäßem Ermessen selbst festlegen darf, z.B. auf den Tag der Versendung des Planangebots oder der Beschlussfassung des Vorstands oder der Geschäftsführung über das Planangebot (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 70; HambKomm-StaRUG/Schröder, § 2 Rn. 83). Dieser Ansatz ist überzeugend. Das Wahlrecht der Schuldnerin darf allerdings nicht dazu führen, dass der zeitliche Aufsatzpunkt des Plans und der Zeitpunkt, in dem die Planbetroffenen erstmals Kenntnis von dem Angebot erhalten, unnötig weit auseinanderfallen. In der Praxis wird die Planerstellerin während der Planerstellung einen Zeitpunkt definieren müssen, auf den der Plan abstellt, um sodann dem Plan bei dessen Finalisierung unmittelbar vor dem Versand ein stimmiges Rechenwerk zugrundlegen zu können.
Nach § 2 Abs. 5 S. 1 Var. 2 ist bei einer gerichtlichen Planabstimmung auf den Zeitpunkt des Antrags auf Anberaumung eines Erörterungs- und Abstimmungstermins gem. § 45 abzustellen. Dies gilt auch, wenn der Schuldner zugleich eine Vorprüfung gem. § 46 beantragt (Braun/Esser, StaRUG, § 2 Rn. 71).
Satz 2 der Vorschrift stellt klar, dass im Fall einer Stabilisierungsanordnung seitens des Gerichts an die Stelle der Planvorlage der Zeitpunkt der Anordnung tritt; erwirkt der Schuldner mehrere Anordnungen oder Folgeanordnungen (§ 59), kommt es auf den Zeitpunkt der Erstanordnung an (BT-Drs. 19724181, S. 114).